Aufgaben des
Staates gegen-
über dem Kunst-
werk.
442 EDMUND BERNATZIK: Verwaltungsrecht.
Beethoven oder Wagner als eine unerhörte und unerlaubte Verschwendung
von Staatsgeldern betrachtet. Das ist heute doch stark anders geworden,
wenngleich es auch heute noch genug Staatsmänner gibt, welche es als einen
argen Frevel betrachten, das Kunstwerk eines Meisters anzukaufen, der noch
am Leben ist. Feste Rechtsformen haben sich allerdings für die Förderung
von Künstlern noch nicht gebildet. Vielmehr handelt es sich hier bisher mehr
um zufällige, vereinzelte Ausnahmen in Form von Ehrengeschenken oder
Pensionen, und auch das meist nur im Falle der Notlage, gewissermaßen als
cine Art Armenpflege. Eine wirkliche gesellschaftliche Wertschätzung des
Künstlers zeigt sich heute höchstens bei den romanischen Nationen, bei den
übrigen meist nur in der Ausschmückung seines — Grabes oder Setzung post-
mortaler ‚„Denkmäler‘‘. Dagegen sind als indirekte Förderungsmittel in häu-
figen Gebrauch gekommen der Ankauf von Kunstwerken durch Staat und
Kommunen, öffentliche Konkurrenzen und Preisausschreibungen. Die bil-
dende Kunst ist hierbei sehr stark bevorzugt.
Im Zusammenhang damit steht, was man heute vom Staate gegenüber dem
Kunstwerk verlangt. Wir betrachten es nicht nur als ein Recht des Staates,
sich in den Besitz möglichst vieler Kunstwerke zu setzen, selbst wenn ihre Schöpfer
noch nicht gestorben sind, sondern wir betrachten es auch als seine Pflicht, die
Kunstwerke dem Genuß des Volkes darzubieten. Am entschiedensten ist dieser
Gedanke durchgedrungen in der bildenden Kunst. Hier hat er eine feste Rechts-
form gefunden im ‚Museum‘, das seinen historischen Grund allerdings im
fürstlichen Mäzenatentum hat, aber heute im Begriff ist, in eine öffentliche An-
stalt überzugchen. Zuerst ist dies in Italien und Frankreich geschehen. Freilich:
das Museum, als individuelle, eigenbrödlerische Liebhaberei sehr verzeihlich, ist
(in seiner bisherigen Form) weniger ein Mittel zur Befriedigung des Kunst-
genusses, als ein Bildungsmittel mit pädagogischen Zwecken. Diese letz-
teren in allen Ehren: es läßt sich nicht verkennen, daß der künstlerische Sinn
und Zweck dabei einem von diesen sehr verschiedenen Lehrzweck untergeord-
net wird. Da jedes Kunstwerk eine bestimmte Umgebung verlangt, ja oft
geradezu dafür berechnet ist, so ist das bisher übliche Zusammenpferchen der
Kunstwerke, um daraus etwas lernen zu können, eine künstlerische Barbarei.
Niemand in der Tat würde sich in einem unserer modernen Museen so wenig
heimisch fühlen als die Musen, deren Kunst sie geweiht sind. Es ist indes be-
greiflich, daß man die gleiche Modalität auch angewendet hat für solche Ver-
anstaltungen, welche nebenbei noch dem Zwecke dienen, Markthallen für
Werke der bildenden Kunst zu sein, nämlich die sog. „Kunstausstellungen'‘“.
Neben diesen beiden wohl sehr reformbedürftigen Mitteln der Kunstpflege
beginnt in neuerer Zeit die früher meist nur bei Denkmälern vorkomniende
Form dauernder Ausstellung von Plastiken an öffentlichen Plätzen u. dgl.
üblich zu werden, und endlich beginnt man neuerdings hie und da zu der
guten Tradition der Renaissance zurückzukehren, alle öffentlichen Gebäude
als schöne Kunstwerke zu bauen. Auch des hoch gesteigerten staatlichen
Bestrebens ist hier zu gedenken, alte Kunstwerke selbst prähistorische, nicht