Il. Die Mitglieder des völkerrechtlichen Verbandes. ı. Entstehung usw. des Staates. 479
nen Staaten, wie Anknüpfung amtlicher Beziehungen, Abschluß von Verkehrs-
verträgen. Doch hat das Streben nach Einheitlichkeit und Solennität des Aktes
zur Ausbildung eines besonderen Anerkennungsverfahrens geführt. Es besteht
in dem Abschluß von besonderen Verträgen der führenden Mächte mit dem
Neustaate, durch welche diesem, sei es mit einer Auflage, sei es unbeschränkt,
Friede und Freundschaft zugesichert wird.
Der Staat geht unter bei dem Wegfall einer der Voraussetzungen seines
Bestandes. Ohne einen solchen wäre die Versagung fernerer Anerkennung
durch eine fremde Regierung unwirksam und eine Verletzung seiner Persönlich-
keit. Demnach würde ein auswanderndes Volk seinen Staat nicht verpflanzen
können und die bloße Identität des Territoriums dem Staate, der dort bestand,
keine Kontinuität verschaffen. Insbesondere kommt er zum Untergang durch
Vernichtung der öffentlichen Gewalt. Es ist der einzig praktische Fall. Mit
diesem Momente erlischt rechtsnotwendig die Verfassung des Landes, im ma-
teriellen Sinne des Wortes; also die Herrscherstellung des bisherigen monarchi-
schen, die Autorisation eines republikanischen Staatsoberhaupts, die Amts-
vollmacht der Behörden, die Funktion der Volksvertretung, die Staatsbürger-
eigenschaft der Inländer, die Nationalität der Schiffe. Desgleichen sind auf-
gehoben die von dem untergegangenen Staate geschlossenen völkerrechtlichen
Verträge. Eine solche Auslöschung eines Volkes aus der Reihe der Staaten
ließe sich nun heutzutage nur bei zusammengesetzten Staaten als eine völlige
Auflösung denken, wobei mit Aufhebung des politischen Verbandes die ganze
Rechtsordnung, soweit sie auf dem Gesamtstaat ruht, ihr Ende finden würde.
Regelmäßig vollzieht sie sich, nach einer seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert
durch eine große Zahl von Präzendenzfällen belegten Praxis in der Beschrän-
kung auf Ersetzung der beseitigten Staatsgewalt durch eine neue. Diese er-
folgt in sehr verschiedener Form; vor allem-durch Einverleibung eines Landes
in ein anderes; sodann durch Verschmelzung, vermöge deren mehrere Staaten
in einen neuen aufgehen; durch Zergliederung, d.h. Spaltung eines Staates in
Teilstaaten, von denen keiner den alten fortsetzt; endlich durch Losreißung,
d.h. Abzweigung eines Neustaates. In allen diesen Fällen wird zwar mit Be-
seitigung des bisherigen Regierung die internationale Persönlichkeit des Volkes
deren Träger sie war, aufgehoben. Seine Verfassung erlischt. Aber im übrigen
wird die in ihm geltende Rechtsordnung an sich nicht aufgehoben. Die neue
Regierung macht im Zweifel die daraus für die öffentliche Gewalt sich ergeben-
den Rechte und Obliegenheiten zu den ihrigen. In diesem Sinne tritt für sie ein
Staatsfolgerecht ein. Es erstreckt sich auf die vorhandenen Gesetze und öffent-
lichen Einrichtungen, welche bis zu erfolgter Aufhebung in Kräften bleiben;
sodann auf das Landesvermögen, das in Aktiven und Passiven auf den Nach-
folgestaat übergeht, wie auch die bloß vermögensrechtlichen Verträge des unter-
gegangenen Staates für ihn weitergelten.
Der Staat ist ewig. Damit wird gesagt, daß er die nämliche völkerrecht-
liche Person bleibt, auch wenn das Volk, das ihn bildet, oder die territorialen
Grenzen, innerhalb deren er besteht, oder die Verfassung, unter der er lebt,
Das
Staatsfolgerecht.
Die Kontinuität
des Staates.