Ausweisungs-
recht.
Die
Exterritorialität.
490 FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
vertrag der beteiligten Seemächte unter ihre gemeinsame Protektion gestellt
worden. Er ist frei und offen in Friedens- und in Kriegszeiten für die Handels-
und Kriegsmarinen aller Flaggen. Nach diesem Muster soll auch das Regime
des in Zentralamerika zu erbauenden interozeanischen Kanals eingerichtet
werden; und zwar nunmehr nach Maßgabe einer Verständigung zwischen den
Vereinigten Staaten und Großbritannien, nämlich des sog. Hay-Pauncefote-
vertrages vom 18. November 1901. Dieser bestimmt, daß ein solcher lediglich
von der Union zu erbauender und zu verwaltender Kanal (also seit dem von ihr
mit der Republia Panama geschlossenen Vertrage vom 18. November 1903 der
Panamakanal) den Schiffen aller Nationen auf dem Fuße voller Gleichheit offen-
stehen und daß er für kriegerische Akte geschlossen sein soll. Aber das Verhält-
nis besteht nur zwischen den vertragenden Teilen. Eine Beteiligung anderer
Staaten findet nicht statt.
Nur freilich der einzelne Ausländer hat niemals einen gegen die Regierung
des Aufenthaltsstaats geltend zu machenden Anspruch auf Aufnahme und
Duldung, auch nicht wenn er sich niedergelassen hat. Er unterliegt dem völker-
rechtlichen Ausweisungsrecht. Denn vermöge der Gebietshoheit gilt es als ein
unverzichtbares Souveränitätsrecht jeder Staatsgewalt, einzelnen Individuen
oder Kategorien von solchen aus speziellen in ihrer Person zutreffenden Gründen
des öffentlichen Interesses, unter Verantwortung gegen den Staat, dem sie an-
gehören, den Aufenthalt zu versagen. Durch neuere Verträge ist dieses Recht
vielfach reguliert und auf bestimmte Fälle beschränkt worden. Nicht minder
hat das Bedürfnis nach staatsrechtlichen Garantien gegen etwaige vexatorische
Handhabung der Maßregel die Veranlassung gegeben, auch gesetzgeberisch
mancherlei verwaltungsrechtliche Rechtsschranken durch den Erlaß von sog.
Fremdengesetzen aufzurichten.
Eine Ausnahme von den Regeln des allgemeinen Fremdenrechts bildet
das Recht der Exterritorialität. Unrichtig führt man die unter diesen Sammel-
begriff herkömmlicherweise zusammengefaßten Beziehungen auf die Fiktion
zurück, daß der Exterritoriale seine Heimat überhaupt nicht verlassen habe.
Denn mit der Frage nach der räumlichen Geltung der Landesgesetze hat das
Verhältnis nichts zu tun. In Wahrheit kann auch der Exterritoriale die Ge-
bietshoheit des Aufenthaltsstaats nicht ablehnen. Er erfreut sich wie jeder
Ausländer des Schutzes der hier waltenden Gesetze. Er hat sie zu beobachten,
und auf seine Rechtsverhältnisse kommt inländisches Recht zur Anwendung.
Aber Zwangsmittel können gegen seine Person nicht ergriffen werden. Er unter-
steht weder der hiesigen Gerichtsbarkeit noch dem Verwaltungszwang, und zu
Diensten, Lasten und Abgaben kann er nicht herangezogen werden. Die Ex-
territorialitätsgründe sind mannigfaltig. Exterritorialität kann durch Staats-
vertrag, insbesondere mit Ländern konsularer Jurisdiktion, für alle Angehörigen
eines fremden Volkes eingeräumt oder für internationale Kommissionen und
deren Mitglieder und Anstalten festgesetzt sein. Nach allgemeiner völker-
rechtlicher Regel gebührt Exterritotialität den souveränen Personen und ihrem
Gefolge; sodann den Personen mit diplomatischem Charakter im Residenz-