VII. Die Organisation des amtlichen Staatenverkehrs. I. Die Diplomatie. 507
wurde nun aber zu einem formellen Titel, den man alsbald auch für einen stän-
digen, wenn auch nicht zum Ambassadeur ernannten Diplomaten wählte, um
ihm dadurch höheren Rang und vermehrten Einfluß im Lande seiner Sendung
zu sichern. Und seit der Mitte des 18. Jahrhunderts stand es fest, daß auch einem
als Plenipotentiar charakterisierten Minister die gleiche bevorzugte Recht-
stellung zu gewähren sei. Damit kam die Unterscheidung von drei in Rechten
und Rangvorzügen geschiedenen Klassen von Gesandten zum Abschluß, wie
sie gegenwärtig besteht. Die mannigfachen Irrungen über deren richtige Ab-
grenzung haben ihre Erledigung gefunden in dem die Beilage XVII der Wiener
Kongreßakte bildenden Röglement sur le rang entre les agents diplomatiques,
vom 19. März 1815, zu welchem das Aachener Protokoll vom 2I. November 1818
einen Nachtrag enthält. Die Übernahme dieser Vereinbarung der acht Kongreß-
mächte in den allgemeinen internationalen Gebrauch hat sich anstandslos voll-
zogen.
Es werden drei Hauptklassen unterschieden. Die erste ist die der Bot-
schafter, der auch die päpstlichen Legaten und Nuntien zugerechnet werden.
Der lediglich ihnen zugeschriebene ‚repräsentative‘‘ Charakter will besagen,
daß ihnen Ehren zu erweisen sind, wie sie dem sendenden Staatsoberhaupt
persönlich zuteil werden würden. Sie richten sich nach Landesgebrauch. Noch
immer anerkannt ist ihr Vorrecht auf persönlichen geschäftlichen Verkehr mit
dem Staatsoberhaupt des besendeten Staates; desgleichen das Exzellenz-
prädikat. Die zweite Klasse umfaßt die gleichfalls bei dem fremden Staats-
oberhaupt akkreditierten Gesandten (im engeren Sinne) und bevollmächtigten
Minister; sie bildet die normale diplomatische Vertretung. Die dritte Klasse
ist die der Geschäftsträger, die nur bei dem auswärtigen Amt ständig oder ad
interim beglaubigt werden. Eine Mittelstufe zwischen beiden bilden die Mi-
nisterresidenten. Die diplomatischen Agenten läßt man neuerdings hinter den
Geschäftsträgern rangieren. Innerhalb der nämlichen Klasse eines diplomatischen
Korps bestimmt der Rang sich lediglich durch die Anciennität, d.h. den Zeit-
punkt der Akkreditierung, und ist das rangälteste Mitglied der beiden obersten
Klassen der Doyen. Für das Empfangszeremonial der Gesandten aus der näm
lichen Klasse soll Uniformität bestehen.
Das Verhältnis des Gesandten zu der sendenden Regierung ist nach außen
das des Stellvertreters. Die Vertretungsbefugnis wird, regelmäßig uneinge-
schränkt, durch eine Vollmacht in geschlossenem Schreiben (Kreditiv) über-
tragen, mit dessen Überreichung die Mission ihren Anfang nimmt. Nach innen
ist das Verhältnis das des Mandats; die Geschäftsführung wird dem Gesandten
durch Instruktionen vorgezeichnet. Der Verkehr mit dem fremden Gouverne-
ment wird teils durch Konferenzen, teils schriftlich geführt. Hierbei unter-
scheidet man den Austausch von Depeschen und den Wechsel von Noten.
Im Empfangsstaate haben die Missionsschefs aller Klassen, auch bereits
vor erfolgter Akkreditierung und bis zu dem Moment, in welchem sie das Land
verlassen, Unverletzlichkeit für ihre Person, ihre Wohnung, sowie für die Mittel
ihrer Geschäftsführung zu beanspruchen. Jede Antastung ihrer amtlichen Un-
Diplomatische
Privilegien.