VIII. Der Krieg u. sein Recht. ı. Allgem. Charakter. 2. Die kriegführenden Teile. 513
auch im Kriege unterworfen; die Kiegsverträge (also: Waffenstillstands-,
Auswechslungs-, Kapitulationsverträge) sind völkerrechtliche Verträge. Das
Dasein eines besonderen Kriegsrechts gründet sich auf die vorhandene Möglich-
keit, die kriegerische Aktion insoweit, als sie das durch den Kriegszweck gebotene
Maß überschreitet, unter völkerrechtliche Schranken zu stellen. Es zerlegt sich
in zwei Stücke: einmal die Beziehungen, welche die Eröffnung des Kriegs-
zustandes für die Belligerenten unter sich zur Folge hat. Sie hören mit diesem
Momente auf miteinander befreundet zu sein und treten in Kriegsfeindschaft.
Da diese aber die anderen Mitglieder des völkerrechtlichen Verbandes in Mit-
leidenschaft zieht, so hat sich das Verhalten der Kriegführenden auch ihnen
gegenüber feststeheneden Rechtsregeln unterwerfen müssen. Sie sind neutrale
Mächte.
2. Die kriegführenden Teile. Die rechtliche Fähigkeit, in Kriegs-
zustand zu treten, wohnt nur den völkerrechtlich anerkannten Rechtssubjekten
bei. Andrerseits wird sie keinem Staate versagt, auch nicht dem in seiner
Rechts- oder Handlungsfähigkeit beschränkten. Politische, innerhalb eines Der Bürgerkriog.
Landes militärisch miteinander kämpfende Parteien können sich gegenseitig wie
kriegführende Mächte behandeln, in welchem Falle der Bürgerkrieg für die
streitenden Teile, damit aber auch für die Neutralen, den Charakter des völker-
rechtlichen Krieges annimmt. Werden Rebellen seitens dritter Staaten als eine
kriegführende Macht ausdrücklich anerkannt, so involviert dies eine Neu-
tralitätserklärung.
Auf zwiefache Weise kann ein Land mit mehreren Mächten zugleich in Kriegsgemein-
Kriegszustand treten: einmal so, daß ein zufälliges Zusammentreffen statt-
findet, so daß seine Gegner gegenseitig neutral bleiben. Dergleichen kommt
heute kaum mehr vor. Die Regel ist, daß zwei oder mehr Regierungen sich
verbünden gegen eine dritte, sei es im konkreten Fall, sei es eventuell, Krieg
gemeinsam zu führen. Ein derartiger Allianzvertrag kann sich auf Verteidigung
oder auf Angriff oder auf beides richten. Er steht unter den Regeln des völker-
rechtlichen Obligationenrechts und begründet für die Verbündeten als Haupt-
parteien eine Kriegsgemeinschaft; ohne gegenseitige Zustimmung dürfen sie
weder Separatfrieden noch Waffenstillstand schließen. Verpflichtet sich da-
gegen ein Staat dazu, an einem von der Hauptpartei eröffneten Kriegszustand
nur durch gemessene oder ungemessene Leistungen oder Vergünstigungen teil-
zunehmen, so liegt bloße Kriegshilfe vor. Die Auxiliarmacht ist Nebenpartei.
Freilich nach heutigem Recht läßt sich auch die Gewährung von Kriegshilfe mit
neutraler Stellung nicht vereinigen. Die Auxiliarmacht ist als feindlich zu be-
handeln, auch wenn sie sich darauf beruft, lediglich einen sie bindenden Ver-
trag erfüllen zu müssen.
Eine solenne oder wenigstens formelle Kriegserklärung, d.h. die Mit- Die Kriegs-
teilung des Angreifers an den Gegner, daß fortan für beide Teile das Kriegs- "“s
recht in Geltung trete, ist seit dem 18. Jahrhundert in Abgang gekommen.
Man betrachtete es als hinreichend, daß der Entschluß, Krieg zu führen, in
Kultur der Gegenwart. II. 8. 2. Aufl. 33