Kriegsgefangen-
schaft.
520 FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
sowie derjenigen, die sich im menschlichen Körper leicht deformieren. Dagegen
ist die Deklaration I vom 29. Juli 1899, welche das Werfen von Geschossen und
Sprengstoffen aus Luftfahrzeugen verbietet, nachdem sie durch Fristablauf er-
loschen war, zwar durch eine neue auf der zweiten Friedenskonferenz verein-
barte Deklaration, HC. XIV, abermals mit Befristung, erneuert worden.
Doch ist zu bemerken, daß alle europäischen Großmächte, mit einziger Ausnahme
Englands, diese Erneuerung des Verbots unratifiziert gelassen haben (Niemeyer,
Zeitschrift für internationales Recht XXI, 524). Untersagt ist 2. die meuch-
lerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feindlichen Staates
oder Heeres, LKO. A. 23b und der gegen feindliche Personen geübte Zwang
zu Handlungen oder Leistungen, die für sie landesverräterisch sein würden,
LKO. A. 44. 45. 52 al. ı. 23 i. f£e 3. Unzulässig ist jede Gewalttat gegen
kampfunfähige Militärpersonen. Die LKO. A. 21 verweist auf die o. S. 515
besprochene Genfer Konvention. Für den Seekrieg gilt nunmehr HC. X,
s. 0. S. 516. 4. Militärpersonen, welche die Waffen strecken, werden ge-
schont; die Erklärung, daß kein Pardon gegeben wird, ist untersagt, LKO.
A.23d. 5. Unverteidigte Ortschaften, Wohnstätten, Gebäude, dürfen nicht,
mit welchen Mitteln es auch sei, angegriffen oder beschossen werden, LKO.
A. 25; also auch nicht durch Flugzeuge. Aber für die Beschießung von Küsten-
städten durch Seestreitkräfte gilt diese Regel nicht unbedingt, HC. EX.
6. Parlamentäre und Kartellschiffe sind für Hin- und Rückkehr unverletzlich,
LKO. A. 32—34, sofern kein Mißbrauch der Parlamentärflagge erfolgt; ver-
boten ist auch der Mißbrauch der Nationalflagge, der militärischen Ab-
zeichen, der Uniform des Feindes, LKO. A. 23f. 7. Bei Belagerungen und
Beschießungen sind die in LKO. A. 26. 27. HC. IX A. 5. 6. vorgesehenen
schonenden Maßregeln zu ergreifen. Die Zerstörung feindlichen Privateigen-
tums auf dem Lande ist unstatthaft, soweit nicht eine dringende militärische
Notwendigkeit vorliegt, LKO. A.23g. 56 al. 2. Das Plündern genommener
Plätze ist untersagt im Landkriege, LKO. A.47. 28; im Seekriege, HC. IX A.7.
II. Jede Partei ist berechtigt, Kriegsgefangene zu machen. Dem Rechte
‚der Kriegsgefangenschaft hat die LKO. ein eigenes Kapitel, A. 4—20, gewidmet.
Der Abführung in dieselbe unterliegen nicht allein Personen des aktiven Kriegs-
standes, sondern auch solche Privatpersonen, deren Belassung in Freiheit die
eigene Kriegführung schädigen würde, vgl. LKO. A. 13. Die Kriegsgefangenen
sind nicht Straf-, sondern Sicherheitsgefangene. Sie stehen unter den Militär-
gesetzen. Der Tatbestand der Entweichung ist ein Disziplinarvergehen. Er-
folgt eine Entlassung gegen Ehrenwort, so verwirken sie, falls sie unter Bruch
desselben im feindlichen Heere Dienst genommen haben und abermals ergriffen
werden, das Recht darauf, als Kriegsgefangene behandelt zu werden. Für den
.‚Seekrieg hat HC. XI A. 5—7 eine wohltätige Neuerung getroffen. Während
nämlich bis dahin nach zweifellosem völkerrechtlichen Herkommen die Besatzung
genommener feindlicher Handelsschiffe der Kriegsgefangenschaft verfiel, wird
dies inskünftige nicht mehr der Fall sein. Die Seeleute, also Kapitän, Offiziere
und Mannschaft von feindlicher Nationalität werden nicht kriegsgefangen; frei-