VIII. Der Krieg und sein Recht. 5. Die Neutralität. 527
betroffenen Staate den Grund, die Neutralität ihm gegenüber als verwirkt zu
betrachten.
Im einzelnen darf eine neutrale Regierung keinem von den Belligerenten
Hilfstruppen senden, Kriegsschiffe direkt oder indirekt abgeben, HC XIII A. 6,
Offiziere stellen, Transportmittel überlassen, Kriegsbedürfnisse liefern, Sub-
sidien zahlen, Kredit gewähren. Sie hat die ihr zur Verfügung stehenden Mittel
anzuwenden, um zu verhindern, daß in ihrem Hoheitsgebiet militärische Korps
gebildet, HC V A. 4, Mannschaften geworben, Kriegsschiffe gebaut oder aus-
gerüstet oder durch Ergänzung der militärischen Vorräte, der Armierung, der
Besatzung wieder kriegstüchtig gemacht werden, HC XIII A. 8..17. 18; daß
Schiffe auslaufen, deren kriegerische Bestimmung sie kennt oder schuldhaft
nicht kennt, HC XIII A. 8. Sie darf nicht gestatten, daß ihre Häfen .oder
Gewässer von einem Kriegführenden zu einer base d’op6rations navales gemacht
werden, HC XIII A. 5, die berühmte Formel des zwischen Großbritannien und
den V.St. von Amerika am 8. Mai 1871 geschlossenen Washingtonvertrages,
Regel II. Sie ist weiter verpflichtet, nicht zu erlauben und nicht zu dulden,
daß ihr Territorium, ihre Flüsse und Kanäle nutzbar gemacht werden für
Truppendurchmärsche, HC V A. 2, für Schiffspassagen; daß in ihren Häfen
und Reeden Prisen aufgebracht werden (außer im Falle der Seenot, oder wenn
sie bereit ist, die aufgebrachte Prise bis zu prisengerichtlicher Entscheidung
zu sequestrieren, HC XIII A. 21.23). Die in ihren Küstengewässern gemachte
Prise hat sie, wenn erforderlich, im Zwangswege zu befreien, HC XIII A. 3.
Nicht minder hat sie einzuschreiten, wenn in ihrem Land- oder Wassergebiete
telegraphische Stationen für militärische Zwecke eingerichtet werden wollten,
HCVA.3. XIIIA. 5. Jede kriegerische Aktion innerhalb ihres Gewaltbereichs
hat sie abzuwehren, zu inhibieren. Eine schuldhafte Verletzung aller dieser
Neutralitätspflichten macht den neutralen Staat der dadurch geschädigten
Kriegsmacht haftbar, HC VA.5. XIIIA. 25. Er hat ihnen gegebenenfalls
durch Anwendung seiner Strafgewalt nachzukommen, HC V A.;5al.2. Ge-
braucht er militärische Gewalt, so ist diese legitim und keine feindselige
Handlung, HC V A. ı0. XIII A. 26.
Aber niemals ist es der neutralen Regierung versagt, einzelnen Truppen-
teilen den Übertritt über ihre Grenzen zu gestatten, freilich mit der Verbind
lichkeit, sie zu entwaffnen und zu internieren, HC V A. ıı. ı2. Mitgebrachte
Kriegsgefangene sind in Freiheit zu setzen, A. ı3 al.2. Vor allem darf sie
— eine segensvolle Neuerung — Verwundeten oder Erkrankten der krieg-
führenden Teile den Durchzug durch ihr Gebiet und die Aufnahme gestatten;
nur hat sie darüber zu wachen, daß solche Krieger nicht wieder zu ihren
Fahnen zurückkehren. Diese stehen auch im neutralen Lande unter dem
Schutze des Roten Kreuzes, A. 14. 15. Wenn Verwundete, Kranke, Schiff-
brüchige von neutralen Lazarettschiffen oder anderen aufgerufenen oder nicht
aufgerufenen neutralen Schiffen transportiert werden, so liegt darin kein neu-
tralitätswidriges Verhalten; nur dürfen die Schiffe nicht zu militärischen
Zwecken verwendet werden. HCXA. 14.8.9. Werden die genannten Per-
Übertreten von
Militärpersonen