Von Schenlungen. 875
8. 1156. In allen Fällen aber kann der, welcher bloß das Recht der Selbstver-
theidigung ausübt, für einen Undankbaren nicht angesehen werden.
§. 1157. Ein Undank, welchen der Geber selbst nicht gerügt hat, giebt seinen
Erben ein Recht zum Widerrufe nur alsdann 186), wenn der Schenkende durch den An-
dem sein Leben oder den Gebrauch seiner Verstandeskräfte verloren hat.
§. 1158. Hat jedoch der Schenkende seinen Willen, das Geschenk zu widerru-
fen, schon gerichtlich erklärt, so können seine Erben die Sache gegen den undankbaren
Geschenknehmer auch nach seinem Tode fortsetzen.
S. 1159. Eine dergleichen außergerichtliche Erklärung hat mit der gerichtlichen
gleiche Wirkung, sobald erhellet 17), daß der Erblasser, den Undank gerichtlich zu rü-
gen, nur durch den Tod verhindert worden 175).
S. 1160. Wenn einer Korporation etwas geschenkt worden, so kann das Ge-
schenk wegen eines Undanks, dessen sich die Vorsteher oder die gegenwärtigen Mitglie-
der schuldig gemacht haben, nicht widerrufen werden. *½
S. 1161. Doch kann der Schenkende den Beleidigern, für ihre Personen, diejeni-
gen Vortheile entziehen, welche sie sonst aus der Schenkung würden genossen haben.
S. 1162. Eine vor oder bei der Schenkung, oder ank bei der Uebergabe, ge= Algemeine,
schehene Entsagung des Rechts zum Widerrufe, benven, wenn sie auch eidlich bestärkt Wlderrufe.
worden, dennoch weder den Schenkenden, noch dessen Erben 1½5), an der Ausübung
desselben 19).
§. 1163. Hiervon ist allein der Fall eines wegen angeblichen Uebermaßes der
16) Wieder nur eine Ausnahme von der Regel. Bergl. o. die Anm. 2 u. 1 zu ö§. 1138, 1137.
Wir vermeinen, sagt die Quelle (Aum. 9), daß den Nachfolgern des Schenkers keine Befugniß er-
„theilt sei, selbst solche Klagen zu erheben. Denn wenn der, dem dies widerfahren, selbst geschwiegen
dat, so soll sein Stillschweigen immersort dauern. „Denn es ist nicht recht“ heißt es in der L. 1
i. s. C. eoceem. „diejenigen Schenkungen auf irgend eine Weise anzufechten, welche der, der sie ge-
macht hatee, bis an sein Lebensende nicht zurückgenommen hat.“ Dabei ist ein willkürliches Wider-
rufsrecht des Schenkers vorausgesetzt.
17) Es muß aus den Umständen erhelleu, eine direkte Beweisführung, namentlich ein nothwen-
diger Eid ist nicht zulässig.
17 8) (4. A.) In der römischen Rechtssammlung findet sich keine Stelle, worin dem Erben die
Befuguiß zuerkanm würde, dann, wenn der Erblasser sich selbst schon über die Undankbarkeit beschwert
hatte, die Zurückforderungsklage zu führen, viel weniger dann, wenn der Erblasser bis zum Tode
geschwiegen hatie. Die Ausnahmen sind durch einige Ausleger des röm. Rechts ausgebracht; Andere
haten ihnen widersprochen. Von dieser Scite ist auch gefordert worden, daß der Widerruf des Erb-
lassers schon vor Gericht geltend gemacht wordemr sein müsse, um durch den Erben verfolgt werden zu
können, weil die L. 10 C. de revocandis donast. (VIII, 56) ausdrücklich vorschreibt: „ex bis enim
tantummodo causis, si fverint in zudiciom dilucidis argumentis cognitionaliter
approbatase, etiam donationes in eos factas everti concedimus.“ M. f. u. A. Quistorp, Bei-
träge, 2. Ausg. S. 866. Auf der anderen Seite ging man wieder soweit, daß ein auhergerichtlicher
Widerruf genüge, wenn nur der Erblasser den Prozeß anzufangen durch den Tod behindert worden
und demnächst eine gesetzliche Ursache erweislich zu machen sei, nach Analogie der querela inofkclos!
testamenti, die von dem Erben des Enterbten angestellt werden könne, wenn der Enterbte seine Ab-
sicht, klagen zu wollen, bereits erklärt dabe, und daran durch den Tod behindert worden sei. Dies
ist das Material, aus welchem die §§s. 1157 — 1159 gemacht worden sind.
18) In den Fällen nämlich, wo den Erben der Widerruf ausnahmsweise zusteht. Das Obertr.
nimmt diese Stelle für einen Beweis, daß den Erben in der Regel der Widerruf zukomme, „indem
hierdurch der Uebergang des Revokationsrechtes auf die Erben im Allyemeinen und in allen Fällen,
wo die Gesetze hiervon nicht eine besondere Ausnahme machen, ausgesprochen ist.“ (Entsch. Bd. XI,
S. 262.) Keinesweges ist ein solcher Ausspruch darin zu sehen, er wird hineingelegt. Bergl. o. die
Anmerkungen 16 zu §F. 1157, 2 zu §S. 1138, 1 zu F. 1137, 57 zu §. 1112 und 50 zu §. 1090.
Der Erbe kann den Willen des Erblassers niemals ändern.
19) Auch nach G. R. nimmt man, auf Grund der L. 27, 9. 4 D. de pactis (II, 14), an, daß
ein im Voraus erklärter Verjzicht des Schenkers den Widerruf wegen Undanks — der einzige beson-
dere Grund zum Widerruse nach R. R. — nicht hindere. Wie der Verzicht auf den Widerruf we-
gen anderer besonderer Ursachen wirken soll, kann dafsselbe nicht enthalten.