Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

VIII. Der Krieg und sein Recht. 7. Der neutrale Seeverkehr im geltenden Recht. 545 
bande tritt dem Kaptorstaat eine legale Präsumtion zur Seite, insbesondere 
dann, wenn }’envos est @ destination d’une place fortifide ennemie. Was ist 
place fortifiee? Der große Stein des Anstoßes. 
V. Will eine kriegführende Macht weitergehend dem feindlichen Lande 
jeden Seeverkehr abschneiden, dann bleibt ihr nichts übrig, als seine Häfen 
oder die Flußmündungen und Buchten, Küstenstriche und ganze Küsten des- 
selben in Blockadezustand zu versetzen, d. h. von der freien See aus den Ein- 
gang und Ausgang durch bewaffnete Macht zu sperren, soweit nicht etwa ört- 
liche seerechtliche Sonderrechte bestehen. Die Maßregel, weit von bloßer Be- 
lagerung eines festen Platzes sich abhebend, ist das gewaltigste Kriegsmittel 
im Seekriege, freilich nur für den Starken verwendbar, aber trotz ihrer mili- 
tärischen Passivität von verheerender Wirkung, da sie nicht allein den Handel 
der Neutralen unterbindet, sondern das Wirtschaftsleben des Feindes in seinem 
Marke zu treffen vermag. 
Der Blockadezustand setzt voraus eine Erklärung der kriegführenden 
Macht, welche entweder von der Regierung oder von dem ermächtigten Be- 
fehlshaber ihrer Seestreitkräfte ausgeht und, um rechtswirksam zu sein, den 
Zeitpunkt für den Eintritt der Sperre und ihren geographischen Bereich ent- 
halten muß, LD A.9. 10. Die Blockadeerklärung bedarf der Notifikation an 
die neutralen Regierungen. Eine solche (diplomatische, allgemeine) Notifikation 
pflegte schon bisher den interessierten Staaten erteilt zu werden, um ihnen 
die Möglichkeit der Benachrichtigung ihrer Handelsmarinen, aber auch rechts- 
begründeter Protesterhebung zu sichern. Nur die Auffassung, daß für den 
Rechtsbestand der Maßregel diese Mitteilung unerläßlich sei, daß also ohne 
sie eine Blockade nicht verhängf werden könne (Schiedsspruch des Königs von 
Preußen in Sachen betreffend Blockade der Küste von Portendik, Pasicrisie 
internationale 1902 S. 24), wurde bis jetzt nicht von allen Mächten geteilt. 
Nunmehr hat die Londoner Seerechtsdeklaration von 1909 das maßgebliche 
Wort gesprochen. Sie versagt der nicht notifizierten Blockade die rechtliche 
Bedeutung, LD A. 8. Zugleich hat sie die diplomatische Notifikation ergänzt 
durch eine von dem Befehlshaber des Blockadegeschwaders an die Landes- 
behörden im blockierten Küstenstrich zu richtende Bekanntgabe, behufs Mit- 
teilung an die dortigen neutralen Schiffsinteressenten. Auch sie ist obligat, 
LD A. ıı nr. 2. A. ı6al. 2. 
Um nun aber zur tatsächlichen Wirksamkeit zu gelangen, muß die 
Blockade örtlich und zeitlich effektiv gemacht werden. Die Erklärung genügt 
nicht. Die Blockade darf nicht fiktiv sein oder mit unzureichenden Mitteln 
ins Werk gesetzt werden. Es war das große Anliegen der Pariser Seerechts- 
deklaration von 1856, Regel IV. Die Deklaration von London verweist auf 
diese mit dem schwerwiegenden Beifügen, daß die Effektivität lediglich eine 
Tatfrage ist, also im prisengerichtlichen Verfahren freier Beweiswürdigung 
unterliegt, LD A. 2. 3. Bestimmte Requisite dafür nach Art derjenigen, wie 
sie die bewaffneten Neutralitäten von 1780 und 1800 einstmals aufstellten, 
bestehen nicht. Es genügt die tatsächliche Feststellung, daß die Sperre durch 
Kultur der Gegenwart. II. 8. 2. Aufl, 35 
Die Blockade. 
Effektivität 
der Blockade.
	        
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