560 RUDOLF STAMMLER: Die Zukunftsaufgaben des Rechtes und der Rechtswissenschaft.
vr- finden können. Einmal für die Vereinheitlichung des römischen Reiches und
a Ge Rechtes in dem allmählichen Vorschreiten der Kaiserzeit. Hier wäre die Aus-
Reiches und bildung eines Zeitalters der italienischen und weiteren „Manufaktur“, anschei-
Rechten. nend besonders bedeutsam in den ersten zwei Jahrhunderten unserer Zeit-
rechnung, zu verfolgen, und darauf das Rückstauen des Rechtes und seine
Eigenart in der Zeit nach Diokletian aus der wieder hereinbrechenden Na-
turalwissenschaft her. Die Kodifikation des Theodosius Il. erscheint in der Neu-
zeit wohl allzu wenig benutzt, und die ausgezeichneten Materialien, die vordem
Gothofredus gesammelt, werden heute zur Kenntnis des Rechtes und der so-
zialen Zustände jener Zeit in der Regel nicht ausreichend verwertet. Gewiß
liegen auch hier überall treffliche Vorarbeiten für die zusammenfassende Kennt-
nis der genannten Periode der Rechtsgeschichte vor. Aber sie sind mehr oder
weniger vereinzelt; und die neueren Hilfsmittel der Papyri haben in ihren so
interessanten rechtsgeschichtlichen Ergebnissen doch diese letzterwähnte Eigen-
schaft der Vorarbeiten nicht ausmerzen können. Daß endlich das Suchen und
Behandeln der Interpolationen in unseren Quellen des römischen Rechtes nicht
zu sehr gesteigert werden sollte, das ist in den letzten Zeiten von bewährten
Autoritäten mit Grund immer wieder betont und eingeschärft worden. Zweifel-
los sind die genannten Bemühungen notwendig und verdienstlich; aber sie
sollten nicht zu viel Energie zuungunsten der Hauptaufgaben eines Rechts-
historikers beanspruchen: Schließlich ist der Gedanke der römischen Rechts-
geschichte und der Begriff der Interpolationenkunde doch nicht ein und dasselbe.
Geschichte Auf dem Gebiete der deutschen Rechtsgeschichte besteht nach wie vor als
an pn Hauptaufgabe die Aufhellung und erschöpfende Darstellung des wichtigsten Vor-
Rechtes. ganges, den das Rechtsleben unserer Vergangenheit aufzuweisen hat: der Rezeption
des römischen Rechtes. Gerade hierfür dürften die vorhin angegebenen metho-
dischen Richtlinien von Bedeutung sein können. Die ausgezeichneten Ergebnisse
der deutschrechtlichen Erforschung des früheren Mittelalters und die schönen Ein-
blicke, welchevon gründlichen Untersuchungen in den Prozeß der Rezeption im ein-
zelnen ermöglicht werden, sie lassen immer auf das neue für den Freund der vater-
ländischen Geschichte den Wunsch rege werden, die Aufnahme der fremden Rechte
in Deutschland endlich einmal in abgerundeter Darstellung beschrieben zu sehen.
IIlL Die Rechtsphilosophie. Wir haben in der Einleitung zu dieser
Abhandlung darauf hingewiesen, daß jeder, der mit dem Rechte sich beschäftigt,
mit zweierlei unvermeidlich befaßt wird: Mit technisch geformten Sätzen
der Recht schaffenden Gewalt und außerdem mit einer Einsicht und Lehre, die
von positiver Satzung unabhängig ist und doch in alle rechtliche Erwägung
ständig eingreift und deren geordnetes und begründetes Vorgehen erst ermög-
licht. Aus diesem Zweiten wurde oben (I. a. E.) die juristische Methodenlehre
herausgehoben, jetzt ist die Frage seiner weiteren Bedeutung aufzunehmen.
Das Problem Dabei tritt, wie bemerkt, das Problem nach einem allgemeingültigen
Ahltren Malta Halt auf, der uns von dem bedingten Inhalte der menschlich gesetzten
im Rechte. Gebote unabhängig machen kann. Die positive Satzung einer Recht setzenden