100 Her ma )7 S ch uma ch er
Landwirtschaft in Abhängigkeit vom Ausland stand. Schon in Friedens-
zeiten hatten wir das drückend empfunden. Der Krieg hat sich den
Oeutschen schon auf vielen Gebieten nicht nur als Vernichter, sondern
auch als Schöpfer erwiesen. Aber es wird doch wohl das stolzeste Blatt
im reichen Lorbeerkranz unserer Industrie bleiben, daß wir inmitten des
schwersten Kampfes, den ein Volk vielleicht zu bestehen hatte, einen
großen neuen Industriezweig ausschließlich mit Mitteln der Wissen-
schaft aufgebaut haben. Die neue Stickstoffindustric, die der Krieg mit
Zauberkraft erweckte, liefert uns nicht nur das, was uns infolge des
Stillegens unserer Einfuhr fortgefallen ist, sondern liefert uns mehr
und Besseres. Diese unsere neue Kriegsindustrie umschließt auch für
den Frieden noch große Entwicklungsmöglichkeiten. Jedenfalls ist eine
Fessel der Abhängigkeit vom Ausland für alle Zeit abgestreift worden.
Und was hier im Großen und mit einer erstannlichen Schnelligkeit sich
vollzogen hat, wird überall mehr oder minder sich anbahnen, wo die
gleiche Ursache der Einfuhrstörung gleiche Triebkräfte, wie sie im Frie-
den unbekannt sind, entfesselt.
Wie so die Ernährung der Pflanzen nach wissenschaftlichen Grund-
sätzen gestaltet und dadurch nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch
die Industrie tiefgreifend beeinflußt wurde, so ähnlich auch die Er-
nährung der Haustiere. Aeben der Düngungslehre wurde auch die
Fütterungslehre immer sorgfältiger und allseitiger entwickelt und so
auch hier die Möglichkeit geboten, den kleinen Kreis altüberkommener
Futtermittel durch immer nene mit Hilfe des Handels und der Industrie
zu erweitern. Es ist natürlich, daß man zunächst den bequemen Weg
beschritten und alles, was fehlte und nottat, mit geringer Mühe aus
dem Ausland bezogen hat. Im Frieden stand deshalb der Handel mit
Juttermitteln weitaus im Vordergrund. Der Krieg hat dazu gezwun-
gen, diesen einfachsten Weg zum großen Teil zu verlassen, und damit
zugleich auch hier die Kraft gegeben, durch eigene Produktion das zu
beschaffen, was bisher willig und billig das Ausland bot. Anfangs
ist das vielleicht mit größerer Mühe und beträchtlicheren Kosten ver-
bunden, für die Daner muß es sich auch hier als Fortschritt erweisen.
Oer wissenschaftlichen Lehre von der Ernährung der Pflanzen und
Tiere hat die wissenschaftliche Durchbildung der Züchtung sich ange-
schlossen. Rein erfahrungsmäßig sind die Pflanzen= und Tierzüchtung
zuerst außerhalb Deutschlands, insbesondere in Schottland, geübt wor-
den. Aber Deutschland war es auch hier vorbehalten, Praxis und Wis-
senschaft zu einer unlösbaren Einheit zu verknüpfen. Der erste große
Erfolg ist im Ban jener Rüben erzielt worden, aus denen die deutschen