im Wege des Verfassungsbruches erfolgt, dann ist kein Zweifel,
daß das bisher in Geltung Gestandene auch weiter noch in Gel-
tung steht. Und doch müßte man nach der zitierten JELLINEK-
schen Formulierung die bisherige Verfassung als derogiert erachten.
Und daß man JELLINEK eine solche Meinung unterschieben darf,
ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus folgendem verräterischen
Satze: „Ist demnach die Bildung öffentlieben Gewohnheitsrechtes
auch außerhalb des klassischen Staates .. . nicht zu bezweifeln,
so muß auch die Aufhebung bestehenden Gesetzesrechtes durch
Gewohnbheitsrecht als möglich zugegeben werden‘®,. Die Ge-
wohnheit, die Tradition ist das unifizierende Moment für die
historisch-politische Betrachtung. Dem Gewohnheitsrecht als der
lex non scripta derogierende Kraft zuschreiben, verrät, daß als
das Gebiet der zu konstruierenden Rechtseinheit die historisch-
politische Gegebenheit des Staates gedacht ist. Um diese ganze
Gegebenheit als Ausfluß einer geschlossenen Rechtsordnung zu
erfassen, ist die Annahme eines derogatorischen Gewohnheitsrechtes
letzten Eindes unausweichlich.
Desgleichen nimmt OTTO MAYER!® eine derogatorische Kraft
legislativer Akte, welche verschiedenen Verfassungsperioden an-
gehören, auch dann an — des wirklich Problematischen !? in dieser
Annahme wird er sich gar nicht bewußt —, wenn die beiden
Verfassungsperioden durch einen Verfassungsbruch voneinander
getrennt sind. Stillschweigende Voraussetzung ist auch für eine
Autorität wie OTTO MAYER bloß die eine — diese eine aber auch
wieder zweifellos —, daß man sich bei der Konstruktion des
durch derogierende Sätze modifizierten Rechtsgebäudes im Rahmen
der historisch-politischen Gegebenheit eines Staates halte "®.
15 Gesetz und Verordnung, S. 334.
ıe Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 1. Bd., 1914, S. 83 f.
ı7 Eis wird ihm etwas anderes zum Problem, was im Grunde nicht
problematisch ist; darüber später!
ıs A. a. 0.S. 84. Mayer stellt a. a. O. S. 84, nachdem er sich vor-
her mit der Praxis auseinandergesetzt hatte, welche gesetzgeberische Ein-