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Athemholen sehr hoch und röchelnd und der Puls voll und
stark ist, so wird eiligst und reichlich durch den herbeigeholten
Wundarzt zu Ader gelassen, die Füße werden in warmes Wasser
gesetzt, und alle halbe Stunde ein Klystier aus warmer Milch,
Hafergrütze oder Wasser mit einer Tasse voll Leinöl oder
Baumöl gegeben, und wenn der Kranle schlucken kann, so gibt
man ihm kaltes Wasser und Essig zu trinken. Wenn aber
das Gesicht blaß und erdfarbig und eingefallen, der Puls schwach
und das Athemholen weniger hoch und röchelnd ist, so reibe
man den Kranken mit warmen Servietten, wasche ihm das
Gesicht mit Wein oder Essig, halte ihm Essig vor die Nase,
flöße ihm auch etwas davon mit Wasser vermischt in den
Mund, und gebe ihm Klystiere aus warmem Wasser, mit sehr
viel Salz.
Behandlung der Vergiftungs-Zufälle.
Die Behandlung bei Vergiftungen wird dem Nichtarzt in-
soferne schwer, als diese, besonders wenn sie von nicht scharfen
Giften herrühren, die noch im Magen sind, fast immer Brech-
mittel erfordern, die nur aus umsichtlicher ärztlicher Hand ge-
reicht werden können. Nur im Allgemeinen bemerken wir
Folgendes:
Läßt sich annehmen, daß das Gift noch im Magen des
Kranken befindlich ist, so muß schleunigst dasselbe ausgeleert
werden; bei nicht scharfen Giften gibt man sogleich ein Brech-
mittel aus schwefelsaurem Zink zu 6—12 Granen auf einmal
und sodann alle 5— 10 Minuten 6 Grane und auch mehr, bis
die Wirkung eintritt. Bei scharfen Giften wird gewöhnlich
die Anwendung der eigentlichen Brechmittel mißrathen, weil
durch dieselben die ohnehin bestehende große Reizung noch ver-
mehrt werden würde; man empfiehlt dagegen große Menge
warmen Wassers, schleimige Dinge, Seifenauflösung 2c. 2c.
trinken zu lassen, und den Schlund vermittelst des in denselben
eingebrachten Fingers zu reizen, damit Erbrechen erfolge, wo
dieses etwa nicht durch das Gift selbst in hinreichender Stärke
erregt worden ist. Es hängt übrigens immer von den gerade
obwaltenden Umständen in dem einzelnen Falle ab, ob ein
eigentliches Brechmittel bei der Einwirkung scharfer Gifte ge-
geben werden darf, oder nicht; denn es gibt auch Fälle, in
welchen ein Brechmittel nothwendig wird, indem Gift, das im