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Begriff „Neugeborne"“ auch die im sechsten Monate gebornen
Kinder in sich faßt, so folgt schon hiergus von selbst, daß der
Todtenbeschauer die Leiche eines jeden in einem lebensfähigen
Alter gebornen Kindes, worüber ihm eine Anzeige gemacht
wird, ohne Ausnahme zu besichtigen, und hiebei nach Maßgabe
der einschlägigen Bestimmungen der Instruktion zu verfahren
hat. Diesem steht der Artikel XIII der angeführten Instruktion
nicht entgegen, da er lediglich die Lebensrettung der ungebor-
nen, etwa die Mutter üherlebenden Frucht bezweckt, somit die
Besichtigung der vor dem sechsten Monate gebornen Kinder
nicht ausschließt.
Es besteht ferner kein zureichender Grund, die im Art, V
der Entschließung vom 6. August 1839 ansgesprochene Ver-
pflichtung der Verwandten und Hausgenossen zur Anzeige eines
jeden Todesfalles bei lebensfähigen Neugebornen für nicht an-
wendbar zu halten.
Diese Bestimmungen sind unbedingt ausreichend, um den
angeführten Zweck der Leichenbeschau in Hinsicht auf lebens-
fähige neugeborne Kinder zu erfüllen, und bedürfen sonach in
dieser Beziehung keiner Ergänzung.
Eine Ausdehnung der Leichenbeschan anf die vor dem
sechsten Monate gebornen, also nicht lebensfähigen Kinder könnte
nur den Zweck haben, zur Verhütung von Verbrechen und
Vergehen beizutragen. Den ursprünglichen Zweck der Wichen-
beschau überschreitend, würde aber eine solche Anordnung, zumal
sie leicht zu ungeeigneten Verationen führen würde, um so we-
niger gerechtfertigt erscheinen, als in jener Beziehung boreits.
andere, ausreichende Bestimmungen bestehen.
Jede Hebamme ist nämlich nach Abschnitt I, §. 8 der In-
struktion vom 7. Jannar 1816 verpflichtet, alle ihr bei unbe-
kannten Weibspersonen vorkommenden Anzeigungen des Ab-
gangs einer unreifen Frucht oder Mole, sowie alle Vorfälle
bei der vorgesetzten Gerichts= oder Polizeibehörde durch den
Gemeindevorsteher einberichten zu lassen, bei welschen die Ver-
muthung einer Fruchtabtr eibung, einer verheimlichten Schwanger-
Verpflichtung theilt. aber in den letztern Fechungn jeder
Unterthan und namentlich jeder Arzt in Gemäßheit ver Ar-
tikel 78, 87 und 88, Theil 1 des Strafgesetzbuches,