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Nr. 6817. S. 62.
Entschließung der k. Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg,
K. d. J., vom 4 Dezember 1861, den Vollzug der Leichenschau betr.
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Die in Folge einer h. Entschließung des Staatsministeriums
des Innern vom 4. Juni l. Is. angeordnete Revision der be-
stehenden Einrichtungen zum Vollzuge der Leichenschau gibt
zu nachstehenden allgemeinen Anordnungen Anlaß:
1) Durch die Lokal-Polizeibehörden und die Lokalblätter
ist auf die Verpflichtung für die Verwandten und Hausgenossen
hinzuweisen, jeden Todesfall sogleich, oder wenn der Todes-
fall zur Nachtzeit und weder plötzlich noch gewaltsam erfolgte,
spätestens am Morgen des nächsten Tages dem Leichenschauer
gegen Bescheinigung anzuzeigen, wobei die Leiche bis zu dessen
Ankunft in unveränderter Lage, mit unverhülltem Gesichte und
frei von beengenden Kleidern zu belassen ist. (Art. 5 der Leichen-
schau-Ordnung vom 6. August 1839, Döllinger, Bd. XXKX.
Seite 239.) Die Leichen-Beschauer sind verpflichtet, Zuwider-
handelnde der Polizei-Behörde anzuzeigen.
2) Die Leichenbeschau ist nach Art. 4 der Leichenschau-
Ordnung und der eingangs erwähnten höchsten Ministerial-
Entschließung zwei Male vorzunehmen, die erste sogleich und
möglichst bald nach erfolgtem Tode, die zweite 48 und bei an-
steckenden Krankheiten 24 bis 30 Stunden, nachdem der Tod
eingetreten ist. Wie ohne die bestimmten Merkmale des Todes
der Leichenbeschau-Schein nicht ausgestellt werden und die Be-
erdigung nicht stattfinden darf, so soll auch die Beerdigung nicht
ohne Noth über 48 Stunden verzögert werden.
3) Die Vornahme der zweiten Leichenschau hat zu unter-
bleiben: a) bei gewaltsamer, jede Wiederbelebung ihrer Natur
nach ausschließender Todesart; b) wenn bereits eine Section
der Leiche stattgefunden hat, welche jedoch nur nach vorgängiger
strenger Prüfung des wirklichen Todes stattfinden darf und
zwar in der Regel nicht vor Ablauf von 24 Stunden (Re-
gierungs-Ausschreiben vom 21. Juni 1842, Intelligenzblatt
Seite 431); c) wenn eine gerichtliche oder polizeiliche commissio-
nelle Besichtigung der Leiche vorgenommen wurde, und d) wenn
von unterfertigter Stelle auf motivirten Antrag für besondere
Bezirke die einmalige Beschau für zulässig erkannt wurde.
4) Die Leichenbeschauer und deren Stellvertreter sind nach
geschehener Verpflichtung in den betreffenden Gemeinden öffent-
lich bekannt zu machen und haben dieselben strenge nach ihrer
Instruktion zu handeln, um die Beerdigung von Scheintodten,
die Verheimlichung gewaltsamer Todesarten und medizinischer