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Lokalitäten in der Art erweitert hat, daß die Aufnahme von
weiteren 24 Kindern ermöglicht wird, so sieht sich die unter-
fertigte Stelle veranlaßt, die Statuten dieses Wohlthätigkeits-
Vereines nachstehend zu veröffentlichen, und die Distriktspolizei-
Behörden, in deren Bezirken sich blödsinnige Kinder befinden,
aufzufordern, nicht nur für die größtmöglichste Theilnahme an
diesem Vereine zu wirken, sondern auch im Benehmen mit dem
Ausschusse desselben, die Aufnahme der in den einschlägigen Be-
zirken etwa befindlichen blödsinnigen Kinder zu ermöglichen, wo-
bei im Falle der Unvermögenheit der Eltern, den Lokal= und
Distriktsgemeinden der Antrag auf Zuschüsse aus Kreisfonds
unbenommen bleibt.
München, den 20. Januar 1854.
Kgl. Regierung von Oberbayern, K. d. J.
Frhr. v. Zu-Rhein, Präsident.
Auszug aus den Statuten des Wohlthätigkeit= Vereines zur
Gründung einer Heil-Arnstalt für bölösinnige Kinder in Payern.
1. Name, Zweck und Charakter der Anstalt.
1) Die Anstalt führt den Namen „Cretinen-Heilanstalt“
und ist eine katholische Pflege= und Heilanstalt für schwach= und
dlödsiunige Kinder, das heißt, für solche Kinder, welche aus
Mangel an geistiger und körperlicher Entwicklung nicht im
Stande sind, die öffentlichen Schulen zu besuchen, und, wie man
sagt, weltläufig zu werden. 2) Zweck der Anstalt ist, blödfin-
nige Kinder beiderlei Geschlechtes in Form einer christkatholischen
Familie und in Rücksicht auf ihre geistigen und körperlichen
Verhältnisse liebevoll zu pflegen, möglichst zu unterrichten, an-
gemessen zu beschäftigen, so viel als thunlich zu heilen und für
ihre Zuiunft Sorge zu tragen. 3) Der Charakter der Anstalt
soll der einer reinen Privatanstalt, hervorgegangen aus der
freithätigen christlichen Liebe, eben dadurch auch forterhalten und
stets ruhend auf katholisch-kirchlicher Grundlage sein und bleiben.
2. Ort der Austalt.
Obwohl zur Heilung der Cretinen eine Gegend von 2 bis
3000 Fuß über der Meeresfläche am geeignetsten wäre, so dürfte
doch der anderen Umstände halber; kaum ein freundlicherer und
passenderer Ort für die bezeichnete Anstalt in ganz Oberbayern
sein, als das 1300 Fuß hoch gelegene Ecksberg bei Altmühl-