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Nr. 8438. S. 262.
Ministerial-Entschließung vom 24. März 1856, die Gefährlichkeit
einer Farbe, das sogenannte „Münchner Roth“ betr.
Auf Befehl Seiner Majestät des Königs.
Eingeleitete sorgfältige Untersuchungen haben ergeben, daß
in neuerer Zeit eine Malerfarbe in Aufnahme gekommen ist,
welche mit bedeutendem Arsenikzusatze bereitet wird. Diese Farbe
führt im Handel die Bezeichnung „Münchener-Roth“ und wohl
auch fälschlich „Cochenill-Roth“; auch unter dem Namen „Fer-
nambuc-Lack" scheint die hier in Rede stehende Farbe im Han-
del vorzukommen.
Dieselbe wird wegen ihrer Wohlfeilheit und Frische von
Dekorationsmalern und in Tapetenfabriken verwendet, ist aber
hiebei für die Gesundheit nicht minder nachtheilig, als das
Schweinfurtergrün, weil der Arsenikgehalt sehr groß und ein
Abstauben auch durch Verwendung eines klebrigen Zusatzes bei
der Bereitung nicht mit voller Sicherheit zu verhindern ist.
Es muß daher die Verwendung der fraglichen Farbe aus
sanitätspolizeilichen Gründen beanstandet und deren Benützung
sowohl für den Zeug= und Tapetendruck, als auch sonst als
Farbmaterial verhütet werden. Die k. Regierung wird hievon
mit dem Auftrage in Kenntniß gesetzt, die geeignete Verwarnung
gegen den Gebrauch dieses Farbmateriales zu erlassen, dann die
entsprechende Aufsicht auf Farbwaarenhandlungen, Zeug= und
Tapeten-Druckereien und dergleichen einzuleiten, und wenn hie-
bei Außerachtlassungen des Verbotes sich ergeben sollten, da-
gegen zur Wahrung der Bevölkerung gegen Nachtheile an Ge-
sundheit und Leben einzuschreiten.
Die Marsh'sche Probe, mit deren Ausführung jeder
Apotheker vertraut sein muß, läßt den Arsenikgehalt der rothen
Farbe sehr leicht erkennen und werden hiernach Contraventionen
leicht ermittelt werden.
München, 24. März 1856.
Staatsministerium des Innern, dann des Handels und
der öffentlichen Arbeiten.
von Zwehl. Graf von Reigersberg.