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Aktiengesellschaften, stehen andererseits natürlich auch
manche Schattenseiten gegenüber. Die gegen solche Be-
steuerung erhobenen Einwände auf ihre Bedeutung hin zu prü-
fen, soll nun im folgenden unternommen werden.
Da wird außer jener schon berührten Doppelbesteuerung
2. eingewandt, daß es dem Grundsatze der Besteuerung
nach der persönlichen Leistungs- und Steuerfähigkeit ent-
spreche, nur wirkliche, natürliche Personen zu belasten.
Diese Ansicht findet in neuester Zeit namentlich in Fuisting
ihren starken Vertreter. Dieser geht davon aus, daß juristische
Personen nur Vermögen besitzen und daraus Ertrag, kein Ein-
kommen erzielen könnten. Denn ‚das wesentlichste Merkmal
des Einkommens“ — sagt Fuisting!) — ‚besteht in seiner
Zweckverwendung zur Bestreitung persönlicher Bedürfnisse.
Juristische Personen und sonstige künstliche Rechtsgebilde
haben keine eigenen persönlichen Bedürfnisse und mit dem
fehlenden Hauptmerkmale des Einkommens ist die Anwendung
des Einkommensbegriffes auf sie ausgeschlossen.“ Auf diesen
Einwand ist aber zu erwidern, daß Ertrag und Einkommen
durchaus nicht Gegensätze sind. Denn Ertrag ist das, was aus
einem Objekte (Baum usw.) hervorgeht, Einkommen hingegen,
wie der Name sagt, das, was an ein Wirtschaftssubjekt heran-
tritt, in das Vermögen desselben hereinkommt. Im Interesse
der Volkswirtschaftslehre wie der Finanzwissenschaft ist näm-
lich Ertrag, um es genauer zu sagen: „der Inbegriff dessen,
was an Gütern, geldwerten Leistungen i. e. S. und Nutzungen
in gewisser Zeit aus einem Objekte hervorgeht.“ Einkommen
dagegen ist: „der Inbegriff derjenigen Güter, geldwerten Lei-
stungen i. e. $S. und Nutzungen fremder Sachen, welche als
regelmäßiges Ergebnis dauernder Bezugsquellen in gewisser
Zeit jemand derart zuteil werden, daß er darüber im eigenen
Interesse verfügen kann.“ (Fr. J. Neumann.)?2) Hiernach ist
es also nicht ein Erfordernis des Einkommensbegriffes, daß
das Einkommen für die Bestreitung persönlicher Bedürfnisse
bestimmt sei. Auch würde diese letztere Auffassung nicht mit
dem allgemeinen Sprachgebrauche harmonieren. Wie man von
Staatseinkommen, Stiftungseinkommen usw. redet, ebensogut
kann man auch von Einkommen einer Aktiengesellschaft
sprechen.
Aber weniger auf die Entscheidung des Wortstreites kommt
es an, ob begrifflich Aktiengesellschaften nur Ertrag oder
Einkommen zu erzielen vermögen, um die Ausdehnung der
Einkommensteuer auf jene Gesellschaften zu begründen, son-
1) Fuisting, Die Einkommensbesteuerung der Zukunft, Berlin 1903,
8.13 ff.
2) Schönbergs Handbuch der Polit. Ökonomie. 4. Aufl. 1. Bd. Volks-
wirtschaftslehre 1 S. 180.