Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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Durch den Wegfall der untersten Klasse (300—400 M.) 
sind rund 180000 bisher Steuerpflichtige —= ca. 12% aller 
eingeschätzten Personen von der Einkommensteuer befreit und 
sonach die Steuerbehörden von sehr großer Mühe und Arbeit 
entlastet worden, während der Staat nur einen sehr geringen 
Steuerausfall!) erlitt. — 
Gegen die tiefliegende Grenze der Steuerpflicht von 400M. 
lassen sich indessen die schwerstwiegenden Bedenken erheben. 
Hiervon soll im folgenden eingehender die Rede sein. 
II. Für die Festsetzung der Steueruntergrenze ist im all- 
gemeinen der zum notdürftigsten Lebensunterhalt erforderliche 
persönliche Bedarf, das sogen. Existenzminimum maßgebend. 
Die Höhe dieser unteren Grenze der Steuerfähigkeit läßt sich 
freilich nie nach rein theoretischen Gründen einwandfrei be- 
messen. 
Daß aber jene Steuergrenze von 400 M. in Sachsen viel 
zu niedrig gewählt ist, dürfte wohl kaum ein Einsichtiger be- 
zweifeln. Zunächst ist zu prüfen, ob diese tiefbegrenzte Steuer- 
pflicht vor dem Grundsatze der Gerechtigkeit stand zu halten 
vermag. Dieser Grundsatz besteht ja in gerechter Vermitt- 
lung zwischen Opferausgleich und Schutz des wohlerworbenen 
Eigentums. 
Zweifellos bedeuten die indirekten Verbrauchsab- 
gaben auf Salz usw. für ihre Träger auch ein Opfer, eing Last. 
Nun hat uns aber erst in neuerer Zeit Prof. Fr. J. Neumann 
auf Grund von Haushaltungsbudgets statistisch den Beweis 
erbracht, daß die untersten Klassen der Bevölkerung, die ein 
Einkommen unter 800 M. beziehen, 4—50% ihres Einkommens 
an indirekten Reichsabgaben auf Salz, Zucker, Kaffee, Tee, 
Bier, Wein, Branntwein, Tabak, Petroleum, Brot und Mehl- 
stoffe — abgesehen von der Fett- und Fleischbelastung — 
zahlen, während die reichen Leute mit einem Einkommen von 
dieser Richtung gemachte Vorschlag, die Einkommen bis 500 M. von der 
Steuer zu befreien, mit Freuden begrüßt, wie es auch nicht an Stimmen 
fehlte, welche auch noch für Befreiung der dritten (500—600 M.) eintraten. 
Für die Beibehaltung der zweiten Klasse wurde angeführt, daß der an sich 
geringe Betrag von 1 M. kein solcher sei, daß er drückend genannt werden 
könne, daß aber in allen den Fällen, wo eine Ausgabe in dieser Höhe 
empfindlich wirke, durch den $ 13 Befreiung eintreten könne. Überdies 
gehöre dieser Klasse wohl der größte Teil der Dienstboten an, deren Be- 
freiung man schon um deswillen nicht für dringlich erachten könne, weil für 
sie die Rücksicht auf die schwankenden Konjunkturen der Lebensmittel- 
preise, die bei dieser Frage so bedeutungsvoll sei, nicht ins Gewicht falle. 
Weiter wurde noch angeführt, daß es auch mit Rücksicht auf die Gemeinde- 
besteuerung geboten sei, die zweite Klasse beizubehalten. Wäre auch der 
Staat in der Lage, auf den durch den Wegfall dieser Klassen entsprechenden 
Ausfall an Steuern zu verzichten, die meisten Gemeinden seien es nicht. 
und doch hätten sich jetzt die meisten Gemeinden mit ilıren Gemeinde- 
anlagen an die Staatseinkommensteuer angelehnt.“ 
1) Rund 90000 M. Steuersoll = ea. 0,40 % des Gesamtsteuersoll- 
betrags.
	        
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