Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

— 125 — 
über 10000 M. mit nur ca. 1% ihres Einkommens mit Abgaben 
jener Art belastet sind.!) Hiernach werden also die ärmeren 
Leute vier bis fünfmal so hoch besteuert als die reichen, und 
somit bewirken jene Abgaben statt gerechtere Progression eine 
umgekehrte Progression oder eine Regression. Die hierin 
liegende ungerechte Prägravation der Dürftigen und Armen 
muß sich regelmäßig um so fühlbarer machen, je stärker die 
zu unterhaltende Familie bei kleinen Einkünften ist. Daher 
ist es ein Gebot der Gerechtigkeit und hiermit eine unantast- 
bare Pflicht des Staates, der Tendenz der durch Abgaben jener 
Art sich ergebenden Prägravation der wenig bemittelten 
Klassen durch tunlichste Verschonung mit direkten Steuern 
entgegenzuarbeiten! 
Aber nicht genug hiermit! Gerade in Sachsen findet man 
im Vergleich zu anderen deutschen Staaten steuerliche Ver- 
hältnisse vor, die für die unteren Klassen besonders ungünstig 
sind. Einmal hat man hier noch eine aus alter Zeit stammende 
Staatsfleischsteuer, die heute als solche außer in Baden, 
wo sie sich aber nur auf Rindvieh erstreckt, in keinem andern 
deutschen Staate existiert.2) Durch diese Verbrauchsabgabe, 
die immerhin pro Kopf der Bevölkerung ca. 1,35—1,40 M.>) 
beträgt, werden natürlich die ärmeren Leute regelmäßig auch 
härter getroffen als die reicheren. Sodann und namentlich 
kommt hinzu, daß in Sachsen die Gemeinden infolge der ge- 
ringen Ausbildung der direkten Ertragssteuern wie z. B. in 
Preußen ihren Bedarf zum bei weitem größten Teile durch 
ı) Nach Neumanns Berechnungen (Die persönlichen Steuern vom Ein- 
kommen S. 50) werden die verschiedenen Einkommensklassen wie folgt mit 
indirekten Reichsabgaben belastet: 
I II IlluIV V I—V 
gut Nasen, une nun um Neusmme, um Nast 
an Salz- u. anGe- anTabaku. an Brot- u. 
Zuckersteuer tränkest. Petroleumst. Mehlst. 7Usammen 
über 10000 M.: 0,13 % 0,65 % 0,19 % 0,12 % 1,09 % 
4000—10000 M.: 0,27% 0,55 % 0,39 % 0,31% 1,52 % 
2000— 4000 M.: 0,39 % 0,49 % 0,37 % 0,39 % 1,64 % 
1200— 2000 M.: 0,43% 087% 040% 095% 265% 
800— 1200 M.: 0,58% 1,23 % 0,50 % 1,29 % 3,60 % 
unter 800 M.: 0,73 % 0,60 % 0,40 % 2,70 % 4,43 % 
2) In Sachsen wird nicht nur das ZRindfleischh sondern auch das 
Schweinefleisch vom Staat besteuert. 
%) In Sachsen sind z. B. im Jahre 1900 erhoben worden: 
1. 5229750 M. an Schlachtsteuer 
2. 364366 M. an Übergangsabgabe von vereinsländ. Fleischwerk 
3. 190673 M. an Verbrauchsabgabe von ausländ. Fleischwerk 
Summa 5784789 M. 
Die berechnete mittlere Jahresbevölkerung Sachsens betrug für das 
Jahr 1900: 4167 500. (Vgl. Statist. Jahrb. für das Königreich Sachsen, 1903, 
S. 63.) Sonach kommt auf den Kopf der Bevölkerung ca. 1,39 M. Fleisch- 
steuer. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.