Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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mäßig sich ergebende Prägravation der untersten Klassen der 
Bevölkerung erfordert als ein Gebot der Gerechtigkeit die 
Entlastung jener Klassen durch Erhöhung der Steuerunter- 
grenze, wenn nicht sonst das Bild, das man sich von einer mo- 
dernen und gerechten Einkommensbesteuerung zu machen ge- 
wöhnt ist, zu einem Zerrbilde gestaltet wird! 
Wenn man in Sachsen zur theoretischen Rechtfertigung 
der tiefliegenden Steuergrenze von 400 M. darauf hinweist, 
daß die Einkommensteuer „durch Hebung des moralischen Be- 
wußtseins und Kräftigung des Staatsgefühls die politische Er- 
ziehung der Bürger fördert“, so dürfte doch dieses Argument 
nicht entscheidend sein. Denn einmal scheint es doch immer- 
hin sehr zweifelhaft, ob die direkten Steuern diese erzieherische 
Wirkung haben. Aber selbst wenn man die ärmeren Klassen 
mit Rücksicht auf jenes ‚ethische Moment“ zu den direkten 
Staatslasten heranziehen will, so scheint es gerechter und 
zweckmäßiger, dieses Ziel statt mittelst einer allgemeinen 
Einkommensteuer durch die Auferlegung einer sehr mäßigen 
Kopf- oder Personalsteuer auf die unteren Volksklassen zu er- 
reichen. 
Hält man in Sachsen an jener Steuergrenze von 400 M. 
wohl vorzugsweise aus fiskalischem Interesse fest, insofern 
man den durch die Erhöhung derselben entstehenden Steuer- 
ausfall nicht zu verschmerzen meint, so ist doch in Wirklich- 
keit der in dieser Beziehung sich ergebende Gewinn in an- 
betracht der großen, von Jahr zu Jahr zunehmenden Kosten 
und Schwierigkeiten gerechter Veranlagung und Erhebung der 
Einkommensteuer gerade den untersten Klassen gegenüber!) 
nicht so hoch einzuschätzen. 
So waren in Sachsen für das Jahr 1900 (auf Grund der 
Individualeinschätzungskarten) 1557420 Personen einkommen- 
steuerpflichtig. Die direkten Kosten der Veranlagung und 
Erhebung, sowie des Rechtsmittelverfahrens der Einkommen- 
steuer waren im Staatshaushalts-Etat für die Finanzperiode 
1900/01 pro Jahr mit 1091000 M.?) eingestellt. Sonach kamen 
ca. 70 Pf. dieser Kosten auf den Kopf der Zensiten. Wenn nun 
die der Steuerklasse la (Einkommen von 400-500 M.) ange- 
hörenden Personen (im Jahre 1900: 305 081) je einen Steuer- 
1) Über jene Schwierigkeiten gerechter Veranlagung vgl. Neumann, 
Zur Gemeindesteuerreform, mehrfach, namentlich S. 250 ff. 
2) 1. Veranlagungskosten . . 2... .2.2.2.020.2..414000 M. 
2. Erhebungsgebühren der Ortseinnahmen . . . . 635000 M. 
3. Kosten der Rechtsmittelerledigung . . . - - 42000 M. 
Summa 1091000 M. 
In diesem Aufwande sind also die auf die Einkommensteuer entfallenden 
Kosten der Verwaltung der direkten Steuern (Kreissteuerrat, Bezirks- 
steuereinnahme) nicht mit enthalten. 
(Vgl. Kgl. Dekrete 2. Heft VI S. 1 der L.-A. 1899/1900.)
	        
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