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Eine wirkliche allgemeine Vermögenssteuer in Verbin-
dung mit verschiedenartigen Personalsteuern tritt uns hiernach
erst seit dem Jahre 1481 in Sachsen entgegen. Eine solche Steuer
war nämlich die auf dem Landtag zu Dresden in jenem Jahre
zur Unterstützung von Kaiser und Reich gegen die Türken
beschlossene ‚„Türkensteuer“.1) Danach sollte jeder von allem
seinen und seiner Untertanen beweglichen und unbeweglichen
Vermögen von 1000 fl. Wert 1 fl2), von 100 £l. 2 Gr. zahlen.
Die Besitzlosen aber, die über zehn Jahr alt seien, sowie die
Knechte und Mägde, wenn sie jährlich unter 1fl. 40 Gr.
(100 Gr.) Lohn erhielten, sollten eine Kopfsteuer von 2 Gr.
entrichten. Für höheren Lohn jedoch sollten letztere nach Ver-
hältnis geben. Die Ermittlung des Vermögenswerts beruhte
übrigens schon damals auf Selbstschätzung der Steuerpflich-
tigen3), und die Steuerstrafen waren ganz bedeutende. Wegen
falschen Vermögensangaben sollte jemand in den „Bann“ getan
und hiervon nicht eher befreit werden, als bis er 100 fl. zur
Buße gegeben habe.t)
Im Jahre 1502 bewilligten die Stände eine „große Ver-
mögenssteuer“ und zwar „dergestalt, daß ein jegliches Manns-
oder Weibsbild, mündig oder unmündig, sein bewegliches oder
unbewegliches Vermögen nach seinem Gewissen schätzen muste,
und von 25 fl. 1/, fl. geben, welcher aber nicht 25 fl. am Werte
ın Vermögen hatte, 5 fl. Zins geben muste. Hatte einer ein
Weib, die auch kein Geld und Guth hatte, so war dieser frey
von den Abgaben. Von Kindern, die das 15. Jahr ihres Alters
ı) Im Jahre 1481 wurde in Magdeburg dieselbe Türkensteuer wie in
Kursachsen beschlossen (vgl. Harald Bielfeld a. a. O., 8. 11 ff.). Dies ist
offenbar nicht Zufall, sondern dürfte sich wohl aus einem indirekten Einfluß
des Reichs auf diese Territorien erklären. Denn seit 1427 war auf ver-
schiedenen Reichstagen infolge der Bedürfnisse der Türkenkriege der Plan
einer allgemeinen direkten Besteuerung aller Untertanen des Reichs durch
das Reich eifigehend erörtert worden. Diese Beratungen blieben indessen
ohne durchschlagenden Erfolg. So ist es leicht erklürlich, daß wenigstens
für ihre Linder die Landesherren das versuchten, was im Reiche nicht zur
Ausführung gelangte, eine allgemeine direkte Besteuerung. Vgl. Ad. Wagner
a. a. O., S. 48, 49; ebenda Literaturangabe; Gothein, Der gemeine Pfennig
auf dem Reichstage zu Worms, Breslauer Dissertation 1877.
2) Der „gemeine Pfennig‘ von 1495 besteuerte ebenso Vermögen von
1000 fl. Wert mit 1 fl. — (Vgl. Ad. Wagner a. a. O., S. 49.) Da man über
diese Besteuerungsart schon lange vorher beraten hatte, so darf man wohl
einen mittelbaren Einfluß des Reiches hier annehmen.
°) Die Selbstschätzung der Beitragspflichtigen dauerte bis 1678. Es
war nur vorgeschrieben: „Die Ritterschaft soll bei den Pflichten bleiben,
damit sie Uns (dem Landesherrn) verwandt, aber die von Städten ver-
ınittelst eines verschworenen Eides, desgleichen der Bauersmaun, ihre Güter
schätzen und diese Steuer erlegen. Aber die Geistlichen (in späteren Aus-
schreiben auch die Doctores und Andere), weß Standes sie sind, sollen bei
dem Eide, den ein Jeder seiner Obrigkeit geschworen, ihren obbemeldeten
Antheil erlegen“ (F. G. Schimmelpfennig a. a. O., 1. Aufl. 1834, S. 296).
4) Das Ausschreiben zu dieser Steuer ist abgedruckt im Cod. August.
T. U, S. 1867. — 8. im übrigen Falke a. a. O., Bd. 30 S. 408.