Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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gegenüber in dieser Beziehung im Hintertreffen war. Die große 
allgemeine Bedeutung jener preußischen Reform ist durch drei 
Hauptpunkte gekennzeichnet: erstens wurde die direkte Staats- 
besteuerung aus der Ertrags-(Objekt-)besteuerung in Verbin- 
dung mit der Personalbesteuerung (Klassen- und klassifizierten 
Einkommensteuer) in die reine Personal- oder Subjektbesteue- 
rung übergeführt; zweitens wurde die Klassen- und klassifizierte 
Einkommensteuer vollends in eine einzige, moderne Einkommen- 
steuer umgebildet und drittens zur Ergänzung der letzteren 
eine zweite direkte persönliche Steuer, eine in ihrer Art ganz 
neue subjektive Vermögenssteuer eingeführt (Gesetz vom 
14. Juli 1893). 
Dem preußischen Muster mehr oder weniger folgend hat 
in neuester Zeit außer Sachsen noch Braunschweig (Gesetz vom 
11. März 1899) und Hessen (Gesetz vom 12. August 1899) die 
Vermögenssteuer zur Ergänzung der allgemeinen Einkommen- 
steuer eingeführt. Diese Vorgänge deuten darauf hin, daß 
man es hier mit einer neuen Entwicklungsphase in der Ge- 
schichte der modernen direkten Besteuerung zu tun hat. Die 
Verbindung der Einkommen- und der Vermögenssteuer hat da- 
her heute eine überaus große praktische und finanzwissen- 
schaftliche Bedeutung erlangt, denn sie ist nach dem gegen- 
wärtigen Stande unserer Erkenntnis auf dem Gebiete der 
direkten Staatsbesteuerung die vollendetste Form einer ge- 
rechten Staatsbesteuerung. 
Bei jenen Kombinationen der Einkommen- und der 
Vermögenssteuer lassen sich namentlich zwei Arten unter- 
scheiden: 1. das deutsche und 2. das deutsch-schweize- 
rische Verfahren. Bei dem ersteren Verfahren tritt eine 
persönliche Vermögenssteuer ergänzend an die Seite einer 
wirklich allgemeinen Einkommensteuer, bei dem letzteren 
dagegen besteht eine Vermögenssteuer, meistens als Haupt- 
steuer, neben einer nur den „Erwerb“, d. h. die nicht aus 
Vermögen hervorgehenden Einkünfte belastenden Einkommen- 
steuer. Diese letztere Art von Verbindung finden wir in den 
meisten Kantonen der Schweiz.!) In vorliegender Arbeit soll 
natürlich vorzugsweise das deutsche Verfahren zum Gegen- 
stand der Betrachtung gemacht werden. 
Was für eine Bedeutung hat nun die Vermögenssteuer als 
ausgleichende Nebensteuer im Systeme der direkten Staats- 
steuern? Zu dieser Frage soll im folgenden näher Stellung 
genommen werden. | 
Vorzüge jener Kombination der Einkommen- und Ver- 
mögenssteuer sind: 
1. Daß die Ergebnisse der Vermögenssteuer, da sich 
1) Vgl. über die schweizerischen Steuern das reichhaltige Werk von 
G. Schanz (Steuern der Schweiz Dd. I—-V. 1890 ff.).
	        
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