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den Gesetzen Preußens, Braunschweigs und Hessens überein. Einen ab-
weichenden Standpunkt einzunehmen, erscheint schon im Interesse der
Rechtsgleichheit nicht enıpfehlenswert. Aber auch innere Gründe sprechen
gegen die Heranziehung der juristischen Personen zur Vermögenssteuer.
Eine Besteuerung des Gemeindevermögens würde regelmäßig die Erhöhung
der Gemeindeanlagen nach sich ziehen, welche sich nicht so ausschließlich,
wie die direkten Staatssteuern, auf der Grundlage der persönlichen Leistungs-
fähigkeit aufbauen; auch ist zu berücksichtigen, daß die Gemeinden in immer
steigendem Maße teils ohne, teils gegen nur mäßige Entschädigung zur
Mitwirkung bei der Lösung staatlicher Aufgaben berufen werden und daß
es im Hinblick hierauf der Billigkeit entspricht, sie mit neuen Staatssteuern
tunlichst zu verschonen. Die Befreiung der Aktiengesellschaften usw. recht-
fertigt sich in der Erwägung, daß ihre Heranziehung schon bei der Ein-
kommensteuer im Ergebnis zu einer Doppelbesteuerung führt und es un-
billig erscheinen würde, diese Doppelbesteuerung auf die Vermögenssteuer
auszudehnen. Bedenkt man endlich, daß die nach $ 6 Ziff. 9 und 10 des
Einkommensteuergesetzes von der Einkommensteuer befreiten juristischen
Personen (Berufsgenossenschaften, Kranken- und Pensionskassen, aus-
schließlich kirchlichen, gemeinnützigen usw. Zwecken dienende Vereine und
Stiftungen) unter allen Umständen auch von der Vermögenssteuer frei
bleiben müssen, so empfiehlt es sich, im Anschluß an die im Eingang er-
wähnten Gesetzgebungen alle juristischen Personen ohne Unterschied mit
der Vermögenssteuer zu verschonen. Selbstverständlich gilt dies auch von
denjenigen Personenvereinen und Vermögensmassen, welche, ohne juristische
Persönlichkeit zu besitzen, mit dem Rechte des Vermögenserwerbs ausge-
stattet sind.“
Dieser Regierungsvorschlag wurde jedoch in der II. Kammer von
verschiedenen Seiten energisch bekämpft.1) Und so einigte man sich dahin,
wenigstens die wichtigsten Erwerbsgesellschaften der Vermögenssteuer zu
unterwerfen.
Freilich sind die Aktiengesellschaften und Kommanditge-
sellschaften auf Aktien nur in ganz geringem Umfange er-
gänzungssteuerpflichtig. Da nämlich bei beiden Arten von Ge-
sellschaften?) das eingezahlte Aktienkapital?) gesetzlich als
Schuld der Gesellschaft angesehen wird und daher von dem
ergänzungssteuerpflichtigen Gesellschaftsvermögen abzuziehen
ist, auch die grundsteuerpflichtigen Objekte auszuscheiden sind,
so bleibt für die Besteuerung nicht mehr viel übrig, so daß der
Steuerertrag im allgemeinen sehr gering, vielleicht häufig
sogar gleich Null sein wird (8 3; Instr. $ 28).
Für die Erfüllung der Beitragspflicht ist der Wohn-
sitz oder Aufenthaltsort bzw. der Ort des Gewerbebetriebes
ı) Vgl. Landt.-Mitt. der II. Kammer 1901/02 S. 17, 32 ff.
2) „Kommanditgesellschaften auf Aktien sind als solche nur mit dem-
jenigen Teile ihres von der Grundsteuer nicht betroffenen Vermögens bei-
tragspflichtig, der sich nach verhältnismäßigem Abzuge des Wertes der
Anteile der persönlich haftenden Gesellschafter von dem gesamten der
Grundsteuer nicht unterliegenden Vermögen der Gesellschaft ergibt“ (Instr.
$ 28 Ziff. 3).
s) Der Abzug des Aktienkapitals ist deshalb gestattet worden, weil
die Aktien und Interimsscheine in der Hand der Aktionäre der Ergünzungs-
steuer unterliegen. Dies trifft indessen nur insoweit zu, als die Aktionäre
in Sachsen einen Wohnsitz haben bzw. sich aufhalten (vgl. Just $ 3
Anm. 8 S. 13).