— 26 --
wird das in noch höherem Grade der Fall sein bei der Vermögenssteuer, wo
es gilt, nicht die Einkommens-, sondern die Vermögensverhältnisse der ein-
zelnen Steuerpflichtigen, nach Befinden unter Zugrundelegung der von ihnen
selbst gelieferten Unterlagen, genau durchzusprechen und auf eingewendete
Reklamation in Erörterung zu ziehen. Die Regierung hat daher schon
während des Landtags 1897/98 nach einem Ausweg’ gesucht, auf welchem
derartigen Mißständen bei der Vermögenssteuer erfolgreich begegnet werden
könnte, und hat die Ergebnisse ihrer Erwägungen in einem der Finanz-
deputation A der 1I. Kammer mittels Schreibens vom 10. Jan. 1898 zu-
gestellten Abünderungsvorschlage niedergelegt. Diesen Vorschlag hält die
Regierung auch jetzt noch aufrecht. Er geht in den Grundzügen dahin,
es für Orte von mehr als 40 000 Einwohnern bei der Veranlagung der Ver-
mögenssteuer durch die zur Einschätzung des steuerpflichtigen Einkommens
berufenen Einschätzungskomnissionen allenthalben bewenden zu lassen, für
Orte bis zu 40 000 Einwohnern äber besondere Vermögenssteuerkommissionen
einzuführen, denen unter dem Vorsitz des Bezirkssteuerinspektors be-
ziehentlich seines Stellvertreters die Einschätzung derjenigen Vermögens-
steuerpflichtigen obliegen würde, welche unter der Erklärung, einen Ver-
mögenssteuerbetrag von mindestens 50 M. (nach dem Ges. 40 M.) entrichten
zu wollen, vor Beginn des Steuerjahres rechtzeitig bei der Bezirkssteuer-
einnahme hierauf antragen. Die Vermögenssteuerkommissionen werden
dann eine besondere Garantie für diskrete Behandlung der ihnen bekannt
werdenden Vermögensverhältnisse bieten, wenn sie, wie in Aussicht ge-
nommen, entweder für einen ganzen Steuerbezirk oder doch je für um-
fassende Teile eines solchen eingesetzt und wenn ihre Mitglieder aus-
schließlich vom Bezirksausschusse gewählt werden.“
Im übrigen ist das Veranlagungsverfahren sowie die Vor-
bereitung der Einschätzung im engen Anschluß an das Ein-
kommensteuergesetz geregelt (8822, 23). Die Einschätzung er-
folgt in den ersten drei Jahren nach dem Inkrafttreten des Er-
gänzungssteuergesetzes alljährlich, sodann aller drei Jahre.
Um die Steuerkataster dem raschen Wechsel unseres Wirtschafts-
lebens tunlichst anzupassen, damit die aufzuerlegende Steuer dem jeweiligen
Stande des Vermögens so gut wie möglich entspreche, vertrat die Re-
gierung von Anfang an den Standpunkt, die Vermögenssteuer alljährlich
zu veranlagen. Dieser Vorschlag drang aber bei den Ständen nicht durch.
Von dem Streben geleitet, die Steuerpflichtigen möglichst selten einer Er-
örterung ihrer Vermögensverhältnisse und den hiermit verbundenen Be-
lästigungen auszusetzen, entschieden sich die beiden Kammern für Ein-
führung dreijähriger Veranlagungsperioden. Jedoch für die ersten drei
Jahre beschloß man jährliche Veranlagung, von der Erwägung ausgehend,
daß die ersten Einschätzungsergebnisse naturgemäß viel unsicherer sein
werden als die späteren und es daher untunlich sei, dieselben lünger als
ein Jahr der Besteuerung zugrunde zu legen.
Der Beitragspflichtige ist berechtigt, dem Bezirkssteuer-
inspektor eine Deklaration einzureichen oder die sonst zur
Schätzung des ergänzungssteuerpflichtigen Vermögens notwen-
digen Nachweisungen (z. B. Bilanzen, Buchauszüge usw.) zu
erbringen ($ 24). Eine Deklarationspflicht besteht nicht.!)
1) „Von Übertragung der für die Einkommensteuer geltenden Dekla-
rationspflicht auf die Vermögenssteuer‘“‘ — so heißt es in der Regierungs-
vorlage von 1901 (Begründung zu $ 22) — ‚ist im Anschluß an die Gesetze
Preußens und Braunschweigs abgesehen worden, da sich vermöge der durch
die Einkommensteuer gebotenen Hilfsmittel in der Regel auch beim Fehlen
einer Deklaration eine in der Hauptsache richtige Einschätzung erzielen