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I. Die Abschätzung der Gebaude.!)
Die in Sachsen erst nach Aufhebung jener im 18. und An-
fang des 19. Jahrhunderts herrschenden städtischen Akzise als
allgemeine Abgabe eingeführte, in der Grundsteuer mit ent-
haltene Gebäudesteuer erstreckt sich im Prinzip auf alle Ge-
bäude. Dem Wesen nach ist sie eine Ertragssteuer, d. h. sie
wird erhoben von dem Hausertrage und ist daher vom Haus-
eigentümer, ohne Rücksicht auf tatsächliche Benutzung der
Räume, zu zahlen. Hierin liegt der Unterschied von der sogen.
Hausmiet- oder Wohnungssteuer, die als Aufwandsteuer von
den Wohnenden, wie z. B. in gewissem Sinne die französische
Tür- und Fenstersteuer, zu entrichten ist. Wenn man jedoch
die sächsische Gebäudesteuer mit jener französischen Steuer
näher vergleicht, so findet man in gewisser Beziehung auf-
fallend viel Ahnlichkeit. Wenn man von den ausschließlich dem
landwirtschaftlichen Betriebe dienenden Gebäuden, wie insbe-
sondere Ställen und Scheunen, absieht, die, um sie nicht ganz
frei zu lassen — analog der Besteuerung in Frankreich —, nur
für die überbaute Fläche (Areal) nach der besten anstoßenden
Bodenklasse abgeschätzt werden, so ist nämlich auch bei der
sächsischen Gebäudesteuer Ziel, sich tunlichst an den ‚‚wirk-
lichen oder möglichen Mietzins, den sie (d. h. die Gebäude)
abwerfen können“?), zu halten. Der Mietzins bietet ja einen
besonders guten Anhalt für die Besteuerung, ohne daß es ge-
boten ist, in die Privatverhältnisse der Einzelnen einzudringen.
Die Gebäude werden in Sachsen nach ihrem Zwecke, dem
sie zu dienen haben, in 4 Gruppen eingeteilt. Es werden unter-
schieden erstens Wohngebäude, zweitens Gebäude, die
zum Gemeindegut gehören und zu Öffentlichen Zwecken
benutzt werden, drittens Gebäude, welche dem Betriebe einer
gewerblichen Anlage und viertens solche, die einem land-
wirtschaftlichen Betriebe dienen ($ 102 der Geschäftsan-
weisung).
Die Wohngebäude werden wieder eingeteilt in städtische
und ländliche. Die städtischen „begreifen alle Räume in sich,
welche zur Bewohnung bestimmt sind oder dazu gebraucht wer-
den können. Es werden dazu nicht nur Zimmer, Säle, Kammern
usw., sondern auch Keller, Gewölbe, Kramläden, Werkstätten,
Magazine, Speicher, Remisen, Stallungen usw. gerechnet,
welche entweder zu Quartieren gehören oder sich zur beson-
deren Benutzung oder Vermietung eignen“ (8 103 der Ge-
schäftsanweisung).
1) S. die $$ 1011f. der Geschäftsanweisung von 1538; ferner Art.
Grundsteuer in Stengels Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts;
H. v. Nostitz, Grundzüge der Staatssteuern im Königreich Sachsen (1903),
S. 31 ff.
2) 8 101 der Geschäftsanweisung von 1838.
Hoffmann, Staatssteuern. 4