Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

56 —- 
hoher Kreditentwicklung, erheblicher Verschuldung und ge- 
steigerten Steuerlasten muß in der Tat diese Härte geradezu 
zur Unerträglichkeit sich steigern. Wenn noch in neuester Zeit 
Anhänger der Ertragssteuern, wie namentlich Vocket), be- 
haupten, daß eine gerechte Schuldenberücksichtigung auch 
innerhalb des Ertragssteuersystems selbst, also ohne zur Ein- 
kommensteuer überzugehen, durchführbar sei, so ist solche 
Auffassung nur aus dem gänzlichen Verkennen der technischen 
Natur jener Steuern zu erklären.) 
5. Endlich läßt sich zu Ungunsten der Ertragssteuern 
namentlich in politischer Hinsicht anführen, daß sie auf die 
Dauer zu Zwist und Haß zwischen den einzelnen Berufsklassen, 
zu Interessenkämpfen zwischen Stadt und Land führen müssen; 
denn da die einzelnen Ertragskataster auf ganz verschiedenen 
Fundamenten beruhen, fehlt es auch an einer einheitlichen 
Basis, um die verschiedenen Berufs- und Besitzklassen mit einer 
nach ihrem wirklichen Einkommen gleichmäßig erfassenden 
Steuer belasten zu können. Diese Ungleichheit der Lasten- 
verteilung wird aber noch gesteigert und unerträglich ge- 
macht, falls Steigerung der Steuerlast geboten ist. Dieser 
Übelstand trat in aller Schärfe namentlich in Sachsen bei den 
Ertragssteuern hervor und ist als das eigentlich treibende 
Element der mit der Einführung der allgemeinen Einkommen- 
steuer abschließenden Reformbewegung anzusehen. Daher 
möchte dieser Punkt hier auch besonderes Interesse bean- 
spruchen. 
Daß auch in Sachsen die Ertragssteuern auf ganz ver- 
schiedenen Grundlagen beruhten, ist bei einem kurzen Rück- 
blick leicht zu erkennen. 
Wie früher gezeigt, wurden in Sachsen den Grundsteuer- 
katastern „mittlere Erträge“ zugrunde gelegt, wobei man sich 
an die Preise von 1822—1835 hielt, also auf Zeiten und Ver- 
hältnisse zurückgriff, wo noch keine einzige Eisenbahn im Lande 
existierte. Hierzu kommt noch, daß diese gleichsam schon 
„greisenhaft ins Leben tretenden Kataster“ von der Wirklich- 
keit sich mit jedem Jahre mehr entfernen mußten und noch 
müssen, da nicht nur Änderungen, wie sie z. B. der Anlage von 
Eisenbahnen, Straßen usw. zu danken sind, sondern auch solche 
bezüglich der „Benutzungsart oder des Kulturzustandes des be- 
treffenden Grundstückes“ unberücksichtigt bleiben. 
Aber auch die ganze Unterlage, auf welcher die Grundsteuer- 
abschätzung beruht, nämlich die Dreifelderwirtschaft, bei der 
Futterpflanzen wie Klee und Kartoffeln außer Ansatz bleiben 
sollten, ist mit dem Übergange zu intensiveren Bewirtschaf- 
1) A. a. OÖ. namentlich 8. 276. 
2) Diese Behauptung ist eingehend widerlegt bei Neumann, Die per- 
sönlichen Steuern, S. 57—87.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.