Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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Ständen den Entwurf eines neuen Einkommensteuerge- 
setzes, sowie den einer Novelle zu dem Gewerbe- und Per- 
sonalsteuergesetze vor. Die früheren fünf Gesetzentwürfe 
wurden hiermit zugleich zurückgezogen. Jener Entwurf hatte 
sich in der Hauptsache an den von der Deputation der II. Kam- 
mer ausgearbeiteten Entwurf angeschlossen. Da er jedoch in 
einigen wichtigen Punkten von diesem abwich, wurde er noch 
einer Umarbeitung unterzogen. 
In der II. Kammer fand dieser Regierungsentwurf nach 
heftigen Debatten schließlich Annahme, nachdem von seiten 
der Regierung noch darauf hingewiesen worden war, daß durch 
die erstmaligen Einkommensteuereinschätzungen erst eine 
sichere Grundlage für die weitere Reform geschaffen werden 
sollte. Auch in der I. Kammer fand der Entwurf unter dem 
Drucke der Notwendigkeit einer baldigen Reform im allgemei- 
nen Billigung. 
Ferner fand in beiden Kammern auch der Antrag An- 
nahme, die Regierung zu ersuchen, „den Zeitpunkt, mit wel- 
chem das Gesetz in Kraft treten soll, dergestalt zu normieren, 
daß dem nächsten ordentlichen Landtage die Ergebnisse der 
nach demselben vorzunehmenden erstmaligen Einschätzung und 
zwar nach den Hauptquellen und nach Stadt und Land über- 
sichtlich geordnet, gleichzeitig mit dem Budget-Entwurf vor- 
gelegt werden können; hierbei gleichzeitig dem Landtage eine 
Vorlage darüber zu machen, welcher Teil des Staatsbedarfs 
durch die Einkommensteuer aufgebracht und inwieweit und 
in welcher Form daneben noch ein Teil der bisherigen direkten 
Steuern beibehalten werden soll.“ 
So war endlich nach ernster Arbeit das Ziel erreicht, das 
durch den ganzen harten Reformkampf hindurch als ein Banner 
voranwehtet): die allgemeine Einkommensteuer trat ihren 
Niegeszug an. 
Unter dem 22. Dezember 1874 wurde das Einkommen- 
Steuergesetz verkündet und die Ausführungsverordnung — mit 
Gültigkeit nur für die Jahre 1875 und 1876 — am 8. März 
1875 erlassen. Gegenstand der Einkommensteuer war hier- 
nach jedes Einkommen, also auch das landwirtschaftliche. 
Neben der Einkommensteuer blieben die Grund- und Gewerbe- 
und Personalsteuer vorläufig weiter bestehen. 
  
1) „Das ganze große Material‘ -- so prophezeite Conrad schon im 
Jahre 1871 (am Schlusse des Aufsatzes über die sächsische Steuerreform in 
seiner Zeitschr. Bd. 16) — „scheint das aber auf das deutlichste klar gelegt 
zu haben, daß die allgemeine Einkommensteuer in der Tat die Steuer der 
Zukunft ist. Das beweist schlagend auf der einen Seite das Drängen nach 
einem einheitlichen Steuersystem und in zweiter Linie nach Berücksich- 
tigung der Passivzinsen, überhaupt das fortdauernde Stürmen gegen die 
alten Ertragssteuern, auf der anderen Seite aber die gänzliche Ratlosigkeit 
und Ohnmacht, irgend etwas einigermaßen Akzeptables außer der Ein- 
kommensteuer an die Stelle zu setzen.“ 
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