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Und nun zur Betrachtung der allgemeinen Einkommen-
steuer! In dieser Steuer liegt bekanntlich der Schwerpunkt
des sächsischen Staatshaushalts überhaupt, und daher soll diese
hier besonders eingehend dargestellt werden.
B. Die sächsische allgemeine Einkommensteuer.
Sachsen hat sich durch die Ausbildung einer den Zeitver-
hältnissen wieder entsprechenden allgemeinen Einkommensteuer
den Ruhm erworben, ‚auf diesem Gebiete der direkten Be-
steuerung in Deutschland der Pionier des steuerpolitischen und
steuertechnischen Fortschrittes“!) gewesen zu sein. So hat
das sächsische Einkommensteuergesetz verschiedenen Staaten
zum Muster gedient. Namentlich auch auf die spätere große
Steuerreform in Preußen hat es wesentlichen Einfluß aus-
geübt. Die Einführung der allgemeinen Einkommensteuer in
Sachsen beansprucht daher auch ein allgemeineres finanzwissen-
schaftliches Interesse.
Die Aufgabe ist nun, die sächsische Einkommensteuer auf
ihre Vorzüge und Mängel hin zu untersuchen. Und zwar ist
diese Aufgabe eine zweifache. Einmal handelt es sich um die
allgemeinen Vorzüge und Mängel der Steuern vom Einkom-
men gegenüber jenen vorzugsweise vom Ertrage überhaupt.
Dann und namentlich aber sind die Bestimmungen des säch-
sischen Einkommensteuergesetzes im einzelnen auf ihre Zweck-
mäßigkeit hin zu prüfen und zu würdigen.
Es sei zunächst die erste Aufgabe ins Auge gefaßt.
I, Die Licht- und Schattenseiten der allgemeinen
Einkommensteuern.
Die Vorzüge und Mängel der allgemeinen Einkommen-
steuern ergeben sich indirekt bereits in der Hauptsache aus
den früheren Ausführungen über die Mängel resp. Vorzüge der
Ertragssteuern. Daher scheint es angezeigt — um Wieder-
holungen tunlichst zu vermeiden -—- die folgende diesbezüg-
liche Darstellung kurz zu fassen. |
1. Allgemeine Vorzüge der Einkommensteuern.
1. Durch Steuern dieser Art lassen sich manche Einkünfte
erfassen, die bei Ertragssteuern sich der Besteuerung entweder
ganz oder wenigstens teilweise entziehen.
So bleiben bezüglich der Grundsteuern infolge der Stabi-
1) Zitat von A. Wagner, Finanzwissenschaft IV. Teil (1901) S. 107.