Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 123
meine Instruktion dahin gehe, die guten Beziehungen zwischen beiden
Regierungen zu befestigen und zu entwickeln.
Die Audienz wird eine feierliche sein. Samstag um 1 Uhr im Elysée.
Paris, 25. Mai 1874.
Gestern bei der Herzogin von Magenta um 1 Uhr. Dann bei dem
Minister Fourtou, der das Innere übernommen hat. 1) Ein noch junger
Mann, sehr wohlredend und gewandt. Er bedauert, das Kultusministerium
verloren zu haben, weil damit die schönen Künste vereinigt waren. Der
Kultus habe ihm allerdings einige Schwierigkeiten gemacht. Namentlich
zur Zeit der Mandements.2) Sein Zirkular an die Bischöfe habe aber sehr
gewirkt. Ich sagte, man habe das in Berlin anfangs nicht erwartet,
worauf er erwiderte, auch habe er sich damit nicht begnügt, sondern noch
Gelegenheit genommen, den Bischöfen Mäßigung zu predigen. Auch
Decazes hat mir das gesagt. Man ist noch immer unter dem Eindruck
der Noten, die damals Arnim mitgeteilt hat.
Was die Zukunft des neuen Ministeriums betrifft, so zeigte sich
Fourtou sehr beruhigt. Das Ministerium werde ohne Zweifel die Majorität
erhalten. Man werde erst das Munizipalgesetz, dann das Gesetz über die
Wahlen und endlich den Grand Conseil 3) beraten. Was das Ministerium
an sich betrifft, so erklärt er dasselbe für mac-mahonien.
Abends war der Justizminister bei mir, heute der General Ladmirault,
Gouverneur von Paris. Dann in der Tribüne des Marschalls beim
Rennen in Auteuil. Hier traf ich Montaignac, den neuen Marineminister,
dann den Polizeipräfekten, einen noch jungen Mann, den türkischen, eng-
lischen und russischen Botschafter und verschiedene Adjutanten an.
Paris, 28. Mai 1874.
Gestern Visite von Fabrice, dem sächsischen Gesandten in Brüssel.
Dann Landsberg, ein gescheiter, recht anständiger Journalist.
1) In dem am 22. gebildeten Ministerium Cissey.
2) Verschiedene französische Bischöfe hatten im Jahre 1873 Hirtenbriefe er-
lassen, in welchen Italien, die Schweiz und Deutschland wegen der „Kirchenverfolgung"
auf das heftigste angegriffen wurden. Der Bischof von Nancy hatte zu Gebeten
für die Wiedervereinigung von Straßburg und Metz mit Frankreich aufgefordert.
Deutschland forderte eine Zurechtweisung des Bischofs. Am 10. Oktober 1873
wurde Graf Arnim instruiert, unumwunden zu erklären, daß Deutschland „die
Haltung der französischen Presse und die parallelen Kundgebungen hochstehender
weltlicher und geistlicher Beamten als eine Provokation betrachte“. Am 30. Oktober
hatte Arnim eine Unterredung mit dem Duc de Broglie, „der davon sehr impressioniert
war“. Die Verhandlungen darüber setzten sich bis in den Februar 1874 fort.
8) Das projektierte Oberhaus.