152 Botschafter in Paris (1874 bis 1885)
wenn wir etwa in drei Jahren mobil zu machen hätten, und wenn wir
Frankreichs Vorbereitungen, welches außerhalb Deutschlands diese Menge
von brauchbaren Pferden schwer findet, auch nur verlangsamen, so kann
auch darin schon ein Gewinn liegen.
Der Ihrige
von Bismarck.
Journal.
Berlin, 21. März 1875.
Gestern Vormittag im Auswärtigen Amt bei Bülow, Bucher u. a.
Ueberall freundliche Aufnahme. Um 5 Uhr Diner bei Bismarck mit dem
diplomatischen Korps. Bismarck sprach ich nur einen Augenblick, da er
ganz von den fremden Diplomaten absorbiert war.
Abends Soiree bei der Kaiserin. Hier sprach ich lange mit Exzellenz
Bülow über politische und viele andre Dinge. Auch über den Arnimschen Prozeß
und Landsberg. Er sagt, ich würde mit dem Prozesse nichts zu tun haben.
Heute Morgen beim Kaiser. Dieser sprach viel von der zwischen
Rußland und England bestehenden Verstimmung. Der Kaiser Alexander
sei davon lebhaft präokkupiert. Kaiser Wilhelm hofft, daß es Schuwalow
gelingen werde, das Mißtrauen Englands zu beschwichtigen. Wir kamen
dann auf Frankreich. Er hatte alles gelesen, war vollkommen au fait.
Bezweifelt nicht, daß die Franzosen rüsten, um gegen uns loszugehen,
wenn sich die Gelegenheit darbietet, und sieht dieser Eventualität mit Ruhe
entgegen. Die Dislozierung der Division Payot hält er für einen feind-
lichen Schachzug. Ich berichtete dann über den Staatsstreich, der bevor-
gestanden haben soll, was den Kaiser sehr interessierte. Ueber meine
Berichterstattung sagte er, daß meine Berichte „wunderbar klar“ wären,
wie er noch keine gelesen habe, und sagte noch viel Freundliches.
Am Montag dem 22. war ich bei Bismarck zu Tisch. Nachher nahm
er mich mit in sein Kabinett, wo wir über die politische Lage sprachen.
Er ging die verschiedenen Allianzen durch, die gegen uns gemacht werden
könnten. Wenig Wert legt er auf die Allianz Oesterreich-Italien-Frank-
reich, der seien wir gewachsen, da wir gegen Oesterreich mit 400000 Mann
fertig werden könnten. Bedenklicher Frankreich-Rußland. Dabei sei aber
Italien ohne Bedeutung. Auf dieses Land legt er kein Gewicht, da die
Armee schlecht und die Politik ganz unzuverlässig sei. Eine Verständigung
mit Rom auf der von mir angedeuteten Basis wäre ihm willkommen.
Ueber die weltliche Herrschaft könnte ich mit Decazes sprechen.
Dann über Bayern. Der Grund, warum er gegen ein ultramontanes
Ministerium ist, liegt darin, daß er ein Einschreiten gegen Bayern für
nötig hält, wenn die Autorität des Reichs gefährdet würde, und weil er
eine solche Eventualität vermeiden will.