Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Im Reichstage (1870 bis 1874) 9 
die fabelhaftesten Konfusionen eintreten, und die bons pôres werden dabei 
herrliche Fischerei im trüben haben. Wenn sie dabei nur einmal im Morast 
stecken blieben! 
König Wilhelm an den Fürsten Hohenlohe. 
Berlin, 10. Mai 1870. 
Lieber Fürst! 
Als Beweis meiner hohen Achtung und meines Vertrauens sende ich 
Ihnen anbei das Großkreuz meines Roten Adlerordens, was der Welt 
meine Stellung zu Ihnen dokumentieren wird. 
Ihr 
Ihnen treu ergebener 
Wilhelm. 
Journal. 
11. Mai. 
Am Tage der letzten Sitzung hatte ich mit Graf Münster noch ein 
längeres Gespräch. Ich wußte durch Viktor, daß er etwas pikiert über 
das Gerücht sei, daß ich hier Minister werden sollte, und ergriff eine 
passende Gelegenheit, um ihn zu versichern, daß ich nicht daran denken 
könne. Er erzählte mir nun, Windthorst habe ihm gesagt: „Wissen Sie 
das Neueste? Bismarck wird sich zurückziehen und Hohenlohe seine Stelle 
übernehmen.“ Es scheint also, daß dies Gerücht in den ultramontanen 
Kreisen, wenn auch nicht erfunden, doch vielfach kolportiert wird, um mir 
in München das Terrain zu verderben. Ich bewies nun Münster, daß 
für mich keine Aussicht sei. Unter den bestehenden Verhältnissen könne 
ein ehemaliger bayrischer Minister nicht daran denken, Minister des 
Norddeutschen Bundes zu werden, und in einem geeinigten Deutschland 
sei für mich aus dem Grunde keine Aussicht auf eine Ministerstelle, weil 
ich ohne Zweifel den sogenannten deutschen Staat nicht mehr erleben 
würde. Dies beruhigte ihn sichtlich. Doch halte ich Münster nicht für 
einen genügend befähigten Mann, um Bismarck zu ersetzen, der übrigens 
nicht daran denkt, abzutreten. 
Sonntag den 8. Mai war ich Morgens in der Kirche; Nachmittags 
fuhr ich zum Rennen nach Hoppegarten mit der Bahn und kam Abends 
zurück. Dann Soiree bei der Königin, wo ich mich verabschiedete. Außer 
mir war nur noch Roggenbach da. Der König teilte uns die Telegramme 
aus Petersburg mit, in welchen einige Details über die Ermordung 
Arenbergs #) enthalten waren. 
  
1) Am 7. Mai wurde der Major Prinz Arenberg, österreichischer Militär= 
attacheé in Petersburg, das Opfer eines Raubmords.
	        
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