Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 163
etwas schwarz und meint, daß Decazes einen schweren Stand haben werde. 1)
Die Opposition gehe aus Privatinteressen hervor. Viele Leute hätten
Reklamationen in Aegypten, andre wollten dort den Khedive bestehlen,
andre hätten ein Interesse an dem Gerichtshof in Aix, der nun eingehen
müsse, wenn die Reform zustande käme. Frankreich werde isoliert, wenn
es ablehne. Die Abneigung gegen Bismarck, den man als den Protektor
der Reform ansehe, trage auch zu der Opposition bei, ebenso der Haß der
äußersten Rechten gegen Decazes.
Metternich, sagte er, habe seine Ernennung schon in der Tasche. Er
habe hier angefragt und günstigen Bescheid erhalten. Doch komme alles
auf die hiesige Entwicklung an. Wenn sich die Republik befestige, werde
Metternichs Stellung schwer werden, da man ihn doch immer als einen
Bonapartisten ansehe. Ueber die innere Politik, sagt Simon, daß sich
Broglie sehr viel Mühe gebe, den Scrutin de liste zu bekämpfen. Der
eigentliche Grund sei, daß er befürchte, Thiers und Gambetta würden in
vielen Bezirken gewählt werden, und dadurch werde die Stellung des
Marschalls erschüttert werden. Wenn der Scrutin de liste durchgehe,
meint Simon, werde Thiers, falls er nicht bis dahin gestorben sei, wieder
Präsident werden.
Paris, 26. Juni 1875.
Die Herzogin von Santofia, Marquesa de Manzanedo, schickte mir
gestern ihre Karte, um mich zu bitten, ihr eine Stunde zu bestimmen.
Ich ging heute um 2 Uhr ins Hotel du Louvre. Sie ist eine dicke Frau
in mittleren Jahren mit ziemlich gemeinen Zügen, aber von vieler Energie
im Ausdruck. Sie sagte, sie sei von Madrid hierhergekommen, um die
Königin zu bestimmen, nach Madrid zurückzukehren. Die Königin wolle
aber keinen Entschluß fassen, ehe sie meine Ansicht wisse und die der
deutschen Regierung. Sie begründete die Notwendigkeit der Rückkehr der
Königin durch eine lange Erzählung der spanischen Zustände. Sie sagte,
die gegenwärtigen Minister seien daran interessiert, den Krieg nicht zu
Ende gehen zu lassen und müßten deshalb durch andre ersetzt werden.
Der Mann, der dazu am besten geeignet wäre, sei Posada-Herrera. Auf
meine Frage, welcher Partei er angehöre, sagte sie, er sei Spanier, und
alle Parteien würden mit ihm gehen. Der König habe nicht die nötige
Entschiedenheit, um das Ministerium zu entlassen, und man brauche des-
1) Frankreich bestand auf Beibehaltung seiner Konsulargerichtsbarkeit und
stimmte daher der Eröffnung der neuen internationalen Gerichtshöfe zunächst nicht
zu. Am 18. Juni fand die Installation der Gerichtshöfe statt. Der Beginn ihrer
Tätigkeit wurde aber Frankreichs wegen mehrfach, zuletzt auf den 1. Januar 1876
verschoben. Am 17. Dezember erklärte die Nationalversammlung ihre Zustimmung.