Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

164 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
halb seine Mutter, um ihm die erforderliche Stütze und den Mut zur 
Entlassung des Ministeriums zu geben. Ich wendete ein, daß ich befürchte, 
die Ankunft der Königin werde der Anfang neuer Verwirrungen sein. 
Das bestritt sie. Die Königin habe entsagt und werde ihrem Sohn den 
Thron nicht mehr streitig machen. Ohne die Königin werde es aber nicht 
gehen, denn der König fürchte sich vor seinen Ministern. Sie erklärte 
sich bereit, nach Ems zu gehen und mit dem Keiser selbst zu sprechen. 
Ich sagte ihr, es gebe auch andre Mittel, um den Krieg mit den Karlisten 
zu Ende zu bringen. Eine diplomatische Pression der Großmächte würde 
auch dahin führen. Das verneinte sie nicht, kam aber gleich wieder auf 
ihren Plan zurück. Mir scheint, daß hier eine Intrige im Spiel ist, die 
lediglich den Zweck verfolgt, die Moderados ans Ruder zu bringen und 
die Liberalen zu stürzen. Von einer Berufung der Cortes wollte sie nichts 
wissen. Ich sagte ihr, die Sache sei zu ernst, als daß ich ihr gleich ant- 
worten könnte. Ich würde morgen wiederkommen. 
27. Juni. 
Heute war ich wieder bei der Herzogin. Ich sagte ihr, ich habe mir 
die Sache näher überlegt, glaube aber, es ablehnen zu müssen, in meiner 
Eigenschaft als Botschafter mich bezüglich der Rückkehr der Königin in 
Berlin zu erkundigen. Wir hätten den Grundsatz, uns nicht in die spa- 
nischen Dinge einzumischen, und dies würde einer Einmischung ähnlich 
sehen. Uebrigens sei ich bereit, mit der Königin selbst zu sprechen. Wir 
kamen überein, daß die Herzogin mich auf morgen bei der Königin melden 
solle. Das Gespräch kam dann wieder auf die spanischen Zustände. Die 
Herzogin wiederholte, daß Canovas ein Intrigant sei, ein hochmütiger 
Mensch, der sich einbilde, Bismarck kopieren zu können. Eine Kopie tauge 
aber nichts, Bismarck sei nicht zu kopieren. Sesto sei „une béte“ und 
ein unmoralischer Mensch, der seine Schulden bezahle man wisse nicht 
mit welchem Gelde. Castro sei schwach, aber arm und habe viele Kinder 
und hänge deshalb am Portefeuille. Der König sei in einer gewissen Ab- 
hängigkeit von seinen Ministern, er sehe ein, daß sie ihn betrögen, könne 
aber nicht zu dem Entschlusse kommen, sie zu entfernen. Man müsse des- 
halb die Königin auf kurze Zeit zurückkommen lassen, damit sie die 
Männer ans Ruder bringe, die allein den Krieg beendigen könnten. Das 
seien Posada-Herrera, Moriones, Sagasta und Cabresa. Moriones und 
Sagasta erwartet die Herzogin hier. Ich fragte, ob sie von dem Projekt 
gehört habe, nach welchem Spanien geteilt werden solle, der Norden 
an Don Carlos, der Rest Republik. Das bestritt sie. Sie habe aller- 
dings schon davon reden hören, das Projekt sei aber unausführbar. 
Die Städte des Nordens, Pamplona, Bilbao, San Sebastian u. a.,
	        
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