166 Botschafter in Paris 1874 bis 1885)
Spanien gehen. Nun bat sie mich, meiner Regierung zu sagen, daß man
nicht fürchten möge, daß sie eine den Intentionen der deurschen Regierung
entgegengesetzte Politik anraten werde. „Je suis pour ’unité catholique,“
sagte sie, ie suis Compromise, je ne veux pas mentir, mais je com-
prends que cette politique n’est plus possible. Le pays ne veut pas
Funité catholique,“ sie werde also dem Könige nicht raten, den An-
schauungen seines Volkes entgegen zu bandeln. Die Minister taugten aber
nichts. Der König müsse sich auf die Armee stützen, und diese babe nur
Vertrauen auf Moriones. Sie kenne ihn nicht persönlich, aber sie alaube,
daß er der rechte Mann sei. Ebenso sei Posada-Herrera der Mann,
dessen das Land bedürfe. Die Minister wollten den Krieg nicht be-
endigen und seien dabei interessiert, ihn fortzuführen. Ich fragte sie, ob
der Botschafter etwas wisse. Sie sagte: „II ne sait rien. II ne sait
jamais rien de ce qui se passe.“
Schließlich versicherte sie mir, daß sie unbedingtes Vertrauen in mich
habe und daß sie mir mirtteilen werde, sobald sich Weiteres ereignen werde.
Ich empfahl mich und versicherte sie meiner Bereitwilligkeit, ihr zu dienen.
Paris, 8. Juli 1875.
Eben war ich bei Thiers in seinem neuen Hause auf der Place
St. George. Das Haus ist hübsch, hat vorn einen grünen Rasenplatz
und auf der andern Seite einen wohlgepflegten Garten mit Rasenplatz
und Bäumen. Die Treppe ist noch provisorisch von weiß angestrichenem
Holz. Ich fand Thiers in einem Schlafzimmer, das zugleich sein Schreib-
zimmer ist. Es hat die Aussicht auf den Garten und ist sehr freundlich.
Das Bett war mit einer grünen Seidendamastdecke unter einem gleichen
Vorhang gedeckt.
Thiers sagte, er sei ganz wiederhergestellt. Auch war er frisch und
munter. Von der Nationalversammlung sagte er, er glaube, daß sie sich
bald auflösen werde. Er glaube das aber erst seit gestern. Wenn die
Nationalversammlung so rasch weiterarbeite, werde sie bald fertig und
dann genötigt sein, sich aufzulösen. Die nächsten Wahlen würden nicht
radikal ausfallen. Nur werde sich eine große Abneigung gegen die Ulwwa-
montanen zeigen. Die Legirimisten hätnen wenig Chancen. Die ge-
mäßigten Republikaner würden die Majorität bilden. Ueber die Zabl
von Bonapartisten wolle er sich nicht aussprechen. Doch hätten sie sebr
an Boden verloren. Die Orleans hätten wenig Anhang, „pas de clien-
tele““. Er erwähnte dann die Sammlung für die Ueberschwemmten, die
bezeichnend sei für den Einfluß der Journale. Der „Temps“, das Organ
der reichen Bourgeois, habe 157000 Franken gesammelt, der „Rappel-“
50.000. letztere seien ein Zeichen großer Verbreitung, da diese Summe