174 Botschafter in Paris (1874 bis 1885)
Ich entnehme daraus, daß Eure Durchlaucht mit meiner hiesigen Amts-
führung nach wie vor zufrieden sind. Was mich betrifft, so gehen meine
Wünsche nicht weiter, als so lange man mich gebrauchen kann und so
lange meine Kräfte dauern, auf dem Pariser Posten auszuharren.
In der Angelegenheit der Arnimschen Broschüre!) berichte ich, daß
der hiesige „Times“-Korrespondent aus Zürich Nachricht erhalten hat, daß
ein zweites Heft vorbereitet wird, angeblich mit Privatbriefen hochgestellter
Persönlichkeiten über innere und äußere Politik. Hier wird die Arnimsche
Schrift in allen Kreisen als ein verabscheuungswürdiges Machwerk an-
gesehen.
Genehmigen Eure Durchlaucht den erneuten Ausdruck meiner auf-
richtigen Verehrung und Ergebenheit.
Journal.
Paris, 20. November 1875.
Die Königin Isabella sagte mir gestern, man habe sie sehr hart be-
handelt. Sie wolle gar nicht nach Spanien zurück; es sei deshalb ganz
überflüssig gewesen, es ihr zu verbieten. Das Schlimmste sei aber die
Behandlung Marforis. ) Dieser habe ruhig nach Spanien zurückkehren
wollen, um sich dort dauernd auf dem Lande aufzuhalten. Die Art, wie
man ihn behandelt habe, sei eine Schmach für sie, „on voulait me mar-
quer Ià,“ sagte sie und schlug sich vor die Stirne. Auf meine Bemerkung,
daß der König der Königin gegenüber sich stets als ergebener Sohn be-
nommen habe, sagte die Königin: „Oui, il est bon pour moi, mais il
est mal entouré. IIs jouent à la raquette, les ministres disent due
c'est le roi qui a pris des mesures, et le roi dit due ce sont les
ministres!“ Von dem Aufstand sagte sie, das könne noch lange dauern.
Nur ein „convenir“ könne ihn beendigen. Aber man müsse das geschickt
machen. Das wiederholte sie öfters „avec habileté“, und dabei sah sie
mich mit ihren wasserblauen Augen an, als wollte sie sagen: Erinnerst du
dich, daß ich im Sommer gesagt habe, daß nur ich mit Don Carlos
erfolgreich unterhandeln kann? Dann kam sie auf den Unterschied zwischen
Deutschen und Spaniern. Die Deutschen seien ein junges Volk, die
Spanier aber alt, und die bourbonische Rasse tauge schon gar nichts mehr.
Da sie selbst über dieses mot lachte, konnte ich nichts Besseres tun, als
mitzulachen. Sie entließ mich dann mit der Versicherung, daß sie großes
Vertrauen zu mir habe.
1) „Pro Nihilo“, Heft 1, war Anfang November erschienen.
:) Der Günstling der Königin, Marfori, war anfangs November in Madrid
verhaftet worden.