Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 229
gegen die Gefahren des Klerikalismus einzuschläfern. Nach Tisch lernte
ich Spuller kennen, einen feinen Mann trotz seiner etwas dicken Außenseite.
Paris, 2. Mai 1878.
Diese Tage viel Mühe und Arbeit durch Festlichkeiten. Eröffnung
der Ausstellung. Fahrt nach dem Ausstellungsgebäude bei Blitz und
Donner. Es ist noch wenig fertig. Trotzdem hatte man es möglich ge-
macht, eine recht imposante Feier zu veranstalten. Abends Soiree im
Elysée. Prinz von Wales, der sich gegen das Herkommen des Kronprinzen
ausspricht. Prinz Heinrich der Niederlande sehr sentimental gestimmt
wegen seines Brautstands. Der Kronprinz von Dänemark, ein höflicher
junger Mann. Der Herzog von Leuchtenberg, ein unhöflicher, der sich
den Botschaftern nicht vorstellen läßt. Auf der Tribüne waren die Königin
Isabella, Don Carlos, König Franz von Spanien und der Exkönig Prinz
Amadeus von Italien. Die Annamiten scheußlich. Ein dicker chinesischer
Botschafter, der wie Frau von Binzer aussieht. Edmond Zichy wurde
auch für einen Annamiten angesehen, da er ein buntes ungarisches Kostüm
trug. Der Rundgang durch das Ausstellungsgebäude war wenig an-
sprechend, Waten im Schmutz. Heute Abend Ball bei Teisserenc de Bort.
Wieder die Prinzen. Lange herumgestanden. Mit Gambetta gesprochen,
der mir sagt, daß die Kammer bis zum 31. Mai tagen werde.
Paris ist im Festtrubel wenig angenehm.
4. Mai.
Heute Briefe von Berlin und London. Erstere sehen kriegerisch und
glauben, daß keine Hoffnung auf Frieden sei, letztere (Münster) sehen die
Möglichkeit eines Ausgleichs. Waddington sagte mir heute beim Diner
im Elysée, daß St. Vallier von Berlin telegraphiere, Deutschland nehme
seine Vermittlungsversuche wieder auf, und sie versprächen günstig zu enden.
Ich saß zwischen Waddington und dem Marschall, uns gegenüber der
König Don Francisco und der Prinz Heinrich der Niederlande.
11. Mai.
Die letzten Tage verschiedene Soireen. Gestern bei A. Rothschild
Ball. Ich blieb indessen nur kurze Zeit. Der Prinz von Wales und die
Prinzessin kamen erst nach 12 Uhr, worauf ich mich beeilte, die Stickluft
der Salons zu verlassen. Nachmittags empfing ich den Besuch des
chinesischen Gesandten. Er ist ein stets lächelnder Mandarin. Sein
Sekretär spricht gut Französisch. Der Gesandte erkundigte sich nach der
Gesundheit des Fürsten Bismarck, und es war mir interessant, den Namen
„Bismarck“ von einem Chinesen aussprechen zu hören, der kein Wort
Französisch kann.