Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 245 
herzogin von Baden mit Roggenbach und Viktor. Um 11 Uhr zu Odo 
Russell in eine etwas langweilige Soiree. 
2. Juli. 
Morgens kam Roggenbach zu mir, um mit mir über die rumänischen 
Grenzen zu sprechen. Es ist da nicht mehr viel zu machen. Roggenbach 
meint, Bismarck sei gegen Rumänien leidenschaftlich erregt. 
Um ½1 Uhr war Delimitationskommission. Um 2 Uhr Sitzung, bei 
der ich zum erstenmal etwas zu sprechen hatte. Die Sitzung war inter- 
essant durch eine hübsche Rede Schuwalows gegen die Türken. Er vertrat 
den russischen Gesichtspunkt mit vielem Takt und Talent. 
Um 5 Uhr nach Hause. Dann holte ich um 6 Uhr Blowitz ab, um 
mit ihm zum Reichskanzler zum Essen zu fahren. Blowitz war glücklich. 
Der Reichskanzler bearbeitete ihn im Interesse des russischen Anspruchs 
auf Batum. 
Blowitz vertrat die öffentliche Meinung in England, die gegen Batum 
sei und die Beaconsfield entgegen sein werde, wenn er Batum den Russen 
lasse. Doch nahm seine Opposition infolge der Liebenswürdigkeit des 
Reichskanzlers sichtlich ab. Nach Tisch war viel von Thiers die Rede. 
Auch auf Gambetta kam das Gespräch, und der Reichskanzler sagte, er 
würde sich freuen, wenn er ihn sprechen könnte. 
4. Juli. 
Gestern fing die Kommission für die Grenzberichtigung ihre Sitzung 
um 12 Uhr an. Erst wurde die bulgarische Grenze besprochen und dem 
Oberstleutnant Bluhme die nötige Instruktion zur Beratung in der 
Kommission der Sachverständigen gegeben. Dabei kamen die englischen 
Schwierigkeiten zur Sprache. 
Im Kongreß hatten Beaconsfield und Salisbury zugestimmt, daß 
Bulgarien den Sandschak von Sofia haben solle. Nachher fanden sie, daß 
der Sandschak weit über die Vorberge des Balkans hinaus geht und daß 
sie zuviel zugegeben hatten. Sie wollen das nun wieder zurücknehmen 
und sind sehr unverschämt. Schuwalow protestierte, und ich beauftragte 
den Oberstleutnant Bluhme, einen Vermittlungsvorschlag ausfindig zu 
machen. 
Um 2 Uhr kam dann die Redaktionskommission zusammen, die über 
die Organisation von Ostrumelien beriet. Dabei wurde vom türkischen 
Botschafter Karatheodory Einsprache dagegen erhoben, daß der Gouverneur 
Christ sein solle. Wir gingen aber nicht weiter darauf ein. Die Ver- 
handlungen waren sehr langwierig. Wir wurden erst um 5 Uhr fertig. 
Unterdessen hatte der Reichskanzler von den englischen Schwierigkeiten 
gehört und war wütend, wie mir Herbert Bismarck sagte. Er will das
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.