Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

274 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
Frankreichs und beneidet uns um unsre monarchische Verfassung. Von 
Gambetta sagte er, daß er sein Landsmann sei. Er habe ihn als Kind 
gesehen. Auf einer Soiree bei Waddington hat sich Gambetta ihm vor- 
stellen lassen. Der Marschall hat ihm gesagt: „Je sais due vous avez 
beaucoup de pouvoir pour faire le bien et le mal, j'espere due vous 
ne Pemploierez du’fà faire le bien."“ 
Gastein, 14. September 1879. 
Gestern Abend, als wir uns auf den Wildensee!) vorbereitet hatten 
und von Politik frei zu sein hofften, kam ein Telegramm von Holstein, 
der mir mitteilte, daß der Reichskanzler mich heute Abend sprechen wolle. 
Es war nichts zu machen. Marie mit den Gästen ging heute auf den 
Wildensee und ich in Gottes Namen nach Gastein. Hier empfing mich 
Holstein, der mir sagte, es handle sich um sehr ernste Dinge, und der 
Reichskanzler wolle mich sprechen. 
Die Lage ist folgende: Der Reichskanzler, der Rußland nicht traut, 
ist hierhergekommen, um — innerhalb des Dreikaiserbündnisses — eine 
Defensivallianz mit Oesterreich zu verabreden. Andrässy2) glaubte zuerst, 
es sei nicht ernst gemeint; als er aber sah, daß es ernst sei, „sprang er 
an die Decke“, weil Oesterreich nicht alleinstehen könne und sich nach 
Allianzen umsehen müsse. Als aber der Kaiser den Vorschlag des Kanz- 
lers erhielt, war unterdessen Alexandrowo und die Begegnung mit dem 
Kaiser von Rußland 3) gewesen, und nun will er auf das Projekt nicht 
mehr eingehen. 
Der Reichskanzler dagegen will seine Entlassung geben, wenn der 
Kaiser nicht zustimmt. Holstein hat vorgeschlagen, daß ich den Kaiser 
überreden soll. Darauf ist Fürst Bismarck eingegangen. Ich habe heute 
Abend mit Holstein gesprochen und ihm gesagt, daß ich mit dem Projekt 
noch nicht einverstanden sei. Erstens traue ich Oesterreich nicht, zweitens 
halte ich Rußland nicht für ernstlich feindlich. Endlich glaube ich, daß 
eine Allianz mit Oesterreich eine Allianz von Rußland und Frankreich zur 
Folge haben wird. Damit ist der Krieg da, während Bismarck glaubt, 
daß er mit seiner Allianz den Frieden sichern wird. Die Unterredung mit 
dem Reichskanzler morgen wird das Weitere ergeben. Nun ist noch der 
Wiener Nunzius auch angekommen,") und damit wird meine Besprechung 
in zweite Linie gestellt. Ich denke, ich gehe erst nach Aussee zurück und 
dann wieder hierher und von hier nach Straßburg. 
  
1) Jagdhaus des Fürsten bei Aussee. 
2) Der am 28. August Bismarck in Gastein besucht hatte. 
3) Am 3. und 4. September. 
4) Jacobini, zu Verhandlungen über die Beendigung des Kulturkampfs.
	        
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