Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 291
Hatzfeld in einigen Monaten durchgesetzt werden könne. Dann zu Lindau,
Holstein, Busch und Herbert Bismarck. Letzterer sagte mir, daß sein
Vater mich um 3 Uhr sprechen wolle. Ich ging hinüber. Der Fürst
empfing mich sehr freundlich, sprach von den Bedenken, die Marie gegen
die Uebernahme der Stellung geäußert hatte, und von allerlei. Er will
meine Vertretung nur während einiger Monate, dann könne Hatzfeld ein-
treten und dann nach einigen Monaten etwa Keudell. Mir kam es so
vor, als hoffe er immer noch, daß ich mich doch noch entschließen würde,
ganz dazubleiben. Ich bemerkte deshalb ausdrücklich, daß mir dies aus
finanziellen Gründen unmöglich sei. Dann kam Bismarck auf verschiedene
Minister zu sprechen, die reich geworden seien, sprach von Manteuffel,
Schleinitz, Talleyrand u. a. Endlich fragte er mich, wann ich kommen
wolle, und sprach den Wunsch aus, daß ich schon Anfang April kommen
möchte. Ich bin dann um so früher fertig und kann im September weg.
Abends zum Diner zu Bismarck. Ich erwähnte die Befürchtungen, die
man vor Gambetta hegen müsse. Er legte dem keinen großen Wert bei
und meinte, man könne es nicht ändern, wenn dem so wäre. Bei Tisch
wurde viel Portwein und Ungarwein getrunken. Nachher setzte ich mich
neben den Reichskanzler und brachte das Gespräch auf allerlei. Von
Kolonien will der Reichskanzler nach wie vor nichts wissen. Er sagt, wir
haben keine genügende Flotte, um sie zu schützen, und unfre Bureaukratie
ist nicht gewandt genug, um die Verwaltung solcher Länder zu leiten.
Der Reichskanzler sprach auch über meinen Bericht über die französischen
Pläne auf Marokko und meinte, wir könnten uns nur freuen, wenn sich
Frankreich Marokko aneigne. Es habe dann viel zu tun, und wir könnten
ihm die Vergrößerung des Gebiets in Afrika als Ersatz für Elsaß-Loth-
ringen gönnen. Als ich ihn aber fragte, ob ich mich in diesem Sinne
Freycinet gegenüber aussprechen solle, verneinte er dies. Das sei zu viel.
Busch, mit dem ich heute dieselbe Frage besprach, meinte, die Engländer
würden die Annexion von Marokko wegen Gibraltar nie zugeben.
25. Februar.
Heute Besuch von Busch. Dann im Reichstag. Später im Aus-
wärtigen Amt, dann bei Bleichröder. Er ist mit der Mission von Rado-
witz nach Paris nicht einverstanden und will davon abraten. Das wird
umsonst sein.
Bei Stolberg fand ich viele Leute, u. a. Lucius, mit dem ich über
meine Berufung sprach. Er sagte, wenn ich die Vertretung, die er für
sehr zweckmäßig hält, nicht angenommen hätte, so würde der Reichskanzler
mir das stets nachgetragen haben. Er kennt Bismarck genau und sagte
das mit besonderem Nachdruck.