Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 333 
Extrem zu treiben. In der Sache der Prinzen von Orleans!) meinte 
er, er beschuldige die Prinzen nicht, zu komplottieren, aber er mache ihnen 
den Vorwurf, daß sie durch ihre Freunde komplottieren lassen und daß 
sie die Presse ihrer Partei gegen die Regierung entfesseln. Er sei dazu 
gewählt, die Republik zu wahren. Er habe die Pflicht, die republikanische 
Staatsform zu verteidigen, das dumme Gesetz, „cette béte loi“ von 18812) 
nehme der Regierung die Mittel der Verteidigung und mache sie wehrlos. 
Eine Aenderung des Gesetzes sei nötig. Keine Regierung dulde Angriffe 
wie die, welche täglich gegen die Republik geschleudert würden. 
Paris, 1. April 1883. 
Seit Februar nichts geschrieben. Durch eine mehrere Wochen an- 
dauernde Grippe, die mir gerade nur die nötige Kraft ließ, mich aufrecht- 
zuerhalten und meine laufenden Geschäfte zu besorgen, war ich unfähig, 
noch etwas außerdem zu schreiben. So ist eine interessante Zeit ohne 
Notiz vorübergegangen, die Arretierung des Prinzen Napoleon,) die De- 
batten über die Prinzen von Orleans und vieles sonst. Um mich zu er- 
holen, ging ich am 17. März nach Nizza, wo wir bis zum 28. blieben. 
Wohnung in der Villa Mussigny, Ausflüge nach San Remo und Men- 
tone. Am 29. zurück. Am 31. Diner bei dem Kriegsminister. Man 
glaubte hier, ich würde in Nizza bleiben, um dem Diner bei Thibaudint) 
zu entgehen. Ich hatte aber keine Ahnung davon und dachte auch, den 
erhaltenen Instruktionen entsprechend, nicht daran, das Diner zu vermeiden. 
Es war auf 7 Uhr angesetzt, fing aber erst um 8 Uhr an, weil u. a. der 
Handelsminister erst ¼ vor 8 Uhr kam. Ich saß links neben Thibaudin, 
Lord Lyons rechts. Ich unterhielt mich sehr gut mit ihm. Wir sprachen 
von allerlei unverfänglichen Dingen. Der Kriegsminister ist meiner An- 
sicht, daß es ein Fehler sei, das Spiel zu unterdrücken, was nur zu 
schlimmen Dingen führe. Wir sprachen auch vom Absinthtrinken, dessen 
  
1) Im Januar und Februar verhandelten die Kammern über ein Gesetz gegen 
die Prätendenten. Infolge der Ablehnung des Regierungsvorschlags durch den 
Senat gab das Ministerium Fallières am 13. Februar seine Demission. 
2) Vermutlich das radikale Preßgesetz vom 21. Juli 1881, welches die Be- 
strafung von Angriffen gegen die Republik, welche nicht unmittelbar zu strafbaren 
Handlungen führen, ausschloß. 
3) In Folge seines Manifests vom 16. Januar, das die Wahl des Staats- 
oberhaupts durch Plebiszit forderte. Am 9. Februar erging eine „ordonnance de 
non-lieu“, welche die Freilassung des Prinzen zur Folge hatte. 
4) General Thibaudin, der als Oberst bei Metz gefangen und unter Bruch des 
Ehrenworts geflohen und wieder in Dienst getreten war. Er wurde Kriegsminister 
im Ministerium Fallièeres am 31. Januar und behielt dieses Amt in dem am 
21. Februar gebildeten Ministerium Ferry.
	        
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