Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

356 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
Alexander allein reisen und schrieb an den Reichskanzler, ich verzichte auf 
die Reise, bäte aber, mir für Ende Mai einen dreiwöchentlichen Urlaub 
nach Deutschland auswirken zu wollen. Darauf bekam ich die Antwort, 
ich möchte Mitte Mai auf meinen Antrag zurückkommen, der Fürst werde, 
wenn die politischen Verhältnisse danach angetan seien, den Antrag gern 
Allerhöchsten Orts befürworten. Da nun alles ruhig war, so richtete ich 
den 12. Mai unter Bezugnahme auf jenen Erlaß ein Urlaubsgesuch an 
Bismarck. Darauf bekam ich von Hatzfeld am 26. Mai die Antwort, der 
Kaiser bewillige mir zwar den Urlaub, habe indessen an den Rand „ungern“ 
geschrieben, was der Reichskanzler für leicht verständlich halte angesichts 
der afghanischen, ägyptischen und anderen Fragen. Er überläßt es meiner 
Beurteilung, ob ich unter den obwaltenden Umständen eine Urlaubsreise 
antreten wolle. 
Darauf antwortete ich am 29. Mai, ich hätte meinen Urlaub nicht 
zu meiner Erholung, sondern für Geschäfte erbeten. Ich hätte meine An- 
ordnungen getroffen, könne jetzt die Abreise nicht verschieben, sei aber jede 
Minute in Schillingsfürst durch Telegramm erreichbar und bereit, sofort 
zurückzureisen. Ich bat, dem Kaiser diesen Sachverhalt und meine Gründe, 
weshalb ich abreise, vorzutragen. 
Bald darauf kam ein Brief von Holstein, der mir schrieb, er rate 
mir, während der nächsten Tage, wo allerlei passieren könne, Paris nicht 
zu verlassen, Hatzfeld sei derselben Ansicht und meine sogar, ich möchte 
meinen Direktor nach Paris kommen lassen. Darauf schrieb ich an Holstein 
und sagte, wenn der Kaiser vorziehe, daß ich nicht abreise, so solle man 
es mir telegraphieren. Bloß auf seinen Rat hin könne ich nicht alles in 
Unordnung bringen. Darauf erhielt ich am 3. ein Telegramm von 
Hatzfeld der mir mitteilt, man habe dem Kaiser Vortrag gehalten und er 
habe auf dem Bericht bemerkt: „Gelesen. Also beide Botschafter auf den 
wichtigsten Posten in vielleicht entscheidenden Tagen abwesend!“ Hatzfeld 
fügte hinzu: „Eurer Durchlaucht kann ich hiernach die Entschließung nur 
ergebenst anheimstellen.“ Nun blieb mir nichts übrig, als zu telegraphieren, 
die Aeußerung Seiner Majestät sei mir Befehl, dem ich nachkomme, indem 
ich dabliebe. 
Inzwischen passierte aber nichts. Ich schrieb daher am 8. an Hatz- 
feld, dankte für die mir erteilte Auskunft in der Frage meines Urlaubs 
und sagte, ich setze voraus, daß, nachdem Seine Majestät mir den Urlaub 
bewilligt habe, es einer erneuerten Anfrage bei Seiner Mgcjestät nicht be- 
dürfe, um den momentan vertagten Urlaub anzutreten. Ich würde dienstlich 
anzeigen, wenn ich von dem Urlaub Gebrauch zu machen beabsichtigte. 
Nun bekomme ich heute einen Erlaß vom 9., der sich mit meinem 
Privatbrief an Hatzfeld gekreuzt hat und worin gesagt wird, meine Meldung,
	        
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