360 Botschafter in Paris (1874 bis 1885)
selbst und in höherem Grade alle übrigen höheren Beamten sind den
Straßburger Verhältnissen in den letzten fünf Jahren ziemlich vollständig
entfremdet. Eure Durchlaucht können eine solche Information nur in
Straßburg selbst finden, und erlaube ich mir, Ihnen vorzuschlagen, daß
Sie in unauffälliger Weise dorthin fahren und mit den dortigen Spitzen
unter vertraulicher Mitteilung der Eröffnungen, die ich Ihnen im Namen
Seiner Majestät gemacht habe, sich besprechen. Besonders empfehle ich
zu diesem Behufe den Unterstaatssekretär von Puttkamer, der durch Klugheit
und Kenntnis des Landes sich auszeichnet. Außerdem verstehe ich unter
Spitzen den Staatssekretär von Hofmann, den Generalleutnant von Heuduck
und den Unterstaatssekretär von Mayr. In Ems würden Eure Durch-
laucht ebenfalls Quellen zur Information finden, dieselben können indes
auch durch den Wunsch, andre Kandidaten in die Stelle zu bringen, be-
einflußt sein. Für frei von solchen Einflüssen halte ich den Unterstaats-
sekretär von Puttkamer aus sachlichem Interesse, und den General von Heu-
duck, weil er durch Eurer Durchlaucht Ernennung die Trennung des
Generalkommandos von der Statthalterschaft als gesichert ansehen wird.
Der Zeitpunkt der Uebernahme des Amts wird eventuell wesentlich von
Eurer Durchlaucht Entschließungen abhängen, da es ohne Wichtigkeit ist,
ob das Provisorium, welches zunächst geschaffen werden mußte, einige
Wochen länger oder kürzer dauert.
von Bismarck.
Fürst Hohenlohe entschloß sich infolge dieses Schreibens, da er das
Absteigen in einem Straßburger Hotel vermeiden wollte, zunächst nach
Baden zu gehen und von dort aus die wünschenswerten Erkundigungen
in Straßburg einzuziehen. Der Besuch in Straßburg fand am 12. Juli statt.
Fürst Bismarck an den Fürsten Hohenlohe.
Varzin, 12. Juli 1885.
Eurer Durchlaucht beehre ich mich in Vervollständigung meines Tele-
gramms von heute die beifolgende Abschrift eines Allerhöchsten Hand-
schreibens vom 10. d. M. zu übersenden, soweit dasselbe sich auf die Frage
der Statthalterschaft bezieht. Sie wollen daraus ersehen, daß für mich
das geschäftliche Bedürfnis einer persönlichen Rücksprache mit Ihnen nicht
stark genug gewesen ist, um Eurer Durchlaucht die weite Reise von
Schillingsfürst hierher zuzumuten. Gegenüber dem so bestimmt aus-
gesprochenen Wunsche Seiner Majestät sehe ich aber keinen Ausweg, Ihnen
diese Unbequemlichkeit zu ersparen, und tröste mich mit der für meinen
Egoismus sehr erfreulichen Aussicht, daß ich das Vergnügen haben werde,
Sie hier zu sehen. Ich bitte Eure Durchlaucht, Ihre Reise ganz nach