364 Botschafter in Paris (1874 bis 1885)
ein ganz guter ausführender Beamter sein. Er habe keine Initiative, die
brauche er aber nicht, wenn ich das selbst besorge. Ich erwähnte, daß
man von einer Teilung des Statthalters in Zivil= und Militärstatthalter
rede. Das, sagte der Fürst, sei nicht zulässig. Es gebe nur einen Statt-
halter. Dann fragte er: „Wie faßt die Fürstin die Sache auf?“ Ich
sagte: „Sie ist einverstanden, wenn es ihr auch schwer ankommt, jetzt
etwas Neues anzufangen; auch wünscht sie nicht im Sommer nach Paris
gehen zu müssen, um dort Abschiedsbesuche machen zu müssen und zu
packen. Je später ich also gehe, desto lieber ist es ihr.“ Dagegen hatte
der Kanzler nichts, nur sagte er, er fürchte, daß die Militärs den Kaiser
wieder abzubringen suchen würden. Deshalb müsse man die Ernennung
nicht zu weit hinausschieben. Ich sagte, ich würde jetzt nach Gastein gehen
und konstatieren, daß ich annehme, um den Kaiser zu binden. Auch würde
ich dem Fürsten ein Memoire übergeben, in welchem ich die Annahme
ausspreche, aber gewisse Punkte berühre, so die des Gehalts. Der Fürst
wußte nichts davon und zweifelte, daß der Statthalter kein pensions-
berechtigtes Gehalt habe, sondern nur Repräsentationskosten, erklärte sich
aber damit einverstanden, daß mir eine Pension zugesichert werden müsse.
Er sagte dann zu Rantzau: „Wir müssen das Reichsjustizamt darüber
konsultieren.“ Ich fragte dann, was ich in Paris sagen solle. Er ant-
wortete, ich möge nur ruhig die Wahrheit sagen und die Sache als
definitiv beschlossen bezeichnen. Ueberall trat die Befürchtung hervor, die
Sache könne durch Intrigen wieder rückgängig gemacht werden. Daß
der Kaiser die Sache hinausziehen will, um den Manteuffelschen Kindern
das Sterbequartal zu bewilligen, bezeichnet der Fürst als einen Irrtum
des Kaisers. Das sei gar nicht nötig, deshalb mit der Ernennung zu
warten. Die Erben würden das Sterbequartal doch bekommen, ob ein
neuer Statthalter ernannt sei oder nicht. Ich sprach dann beiläufig von
der Uniform, sagte, daß der Kronprinz nicht gegen die Verleihung einer
Militäruniform sei, der Fürst meinte aber, die Botschafteruniform genüge.
Ich werde nun sehen, was der Kaiser sagt. Ich fragte den Fürsten auch,
ob ihm daran liege, den Posten in Paris bald durch jemand anders zu
besetzen, was er verneinte. Wenn er nur die Sicherheit hat, daß meine
Ernennung nicht hintertrieben wird, so ist ihm alles übrige einerlei.
Varzin, 19. Juli 1885. Nachmittags.
Rantzau sagt mir, daß er einen Immediatbericht an den Kaiser auf-
gesetzt habe, in welchem der Fürst vorschlägt, die Ernennung noch um
einige Monate zu verschieben. Vor Ende September wird sie nicht er-
folgen, vielleicht erst Ende Oktober.