Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 365
Was die Berichte an den Keiser betrifft, so richtet diese der Statt-
halter direkt. Besonders wichtige Berichte gehen in Abschrift an den Reichs-
kanzler.
Was Paris betrifft, so möchte der Fürst Münster dahin versetzen,
weiß aber noch nicht, ob Münster dazu Lust haben wird. Er will Hatz-
feld nach London haben. Ich werde zunächst sagen, daß ich nicht weiß,
wer mein Nachfolger sein wird. Ich fragte den Fürsten, ob er wolle,
daß ich deshalb mit Münster rede. In diesem Falle würde ich nach
London fahren. Er lehnte das ab, weil er noch warten will.
In Straßburg hatten die Herren mir geraten, einen Offizier zum
Statthalter kommandieren zu lassen. Ich fand das ganz gut und sprach
deshalb mit dem Fürsten. Hier bemerkte ich aber, daß er keine Lust dazu
bezeigte, und entdeckte bald den Grund. Er selbst hat schon oft den Wunsch
ausgesprochen, einen Offizier zu sich kommandiert zu haben. Das wurde
ihm aber vom Militärkabinett stets verweigert. Wenn ich das jetzt durch-
setzte, würde ich nur die Eifersucht des Fürsten erregen, was die Sache
nicht wert ist, da ich ebensogut einen Privatsekretär aus den Mitteln des
Dispositionsfonds anstellen kann, der mir als Hofmarschall dienen kann.
Wenn ich einen abgehausten Kavallerieoffizier dazu nehme, so tut er die-
selben Dienste, und ich vermeide es, Bismarck zu ärgern.
Gastein, 25. Juli 1885.
Gestern fuhr ich mit Marie von Aussee nach Gastein. Wir kamen
spät an und stiegen in der Villa Meran ab. Heute meldete ich mich durch
Lehndorff bei dem Kaiser, der mich auf 12 Uhr bestellte und zum Diner
um 4 Uhr einladen ließ.
Ich kam um 12 Uhr zu dem Kaiser. Er empfing mich stehend und
sehr kräftig aussehend. Er sagte, es tue ihm leid, daß er mir diese Last
auflegen und mich von Paris wegnehmen müsse, allein er habe nicht
anders gekonnt, „denn es war eben niemand anders als Sie, dem ich die
Stelle übertragen konnte"“. Ich dankte wiederholt für das Vertrauen.
Dann sagte der Kaiser: „Vor der Fürstin darf ich mich gar nicht mehr
zeigen, die wird mir das sehr übelgenommen haben.“ Darauf setzten
wir uns, und nun sprach der Kaiser von Manteuffel, von dessen guten
Eigenschaften, von den Elsaß-Lothringern und von der Schwierigkeit, aus
ihnen Deutsche zu machen. Er erinnerte, daß es in der Rheinprovinz
noch im Jahre 1839, als er von seinem Vater hingeschickt wurde, um die
Truppen zu inspizieren, ähnlich gewesen sei. Erst nachdem die Rhein-
länder mit den andern preußischen Truppen vor dem Feinde gestanden
hätten, von 1849 an, seien sie ganze Preußen geworden. Er hofft, daß
das bei den Elsässern auch der Fall sein werde. Einen Herrn Schlum-