Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

368 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
König Ludwig von Bayern an den Fürsten Hohenlohe. 
Elmau, 24. August 1885. 
Mein lieber Fürst Hohenlohe! Mit Vergnügen habe ich Ihr Schreiben 
vom 17. d. M., in welchem Sie mir Ihre von Seiner Majestät dem 
Kaiser beabsichtigte Ernennung zum Statthalter von Elsaß-Lothringen zur 
Anzeige brachten, erhalten und unterlasse nicht, Ihnen mein volles Ein- 
verständnis mit dieser Aenderung Ihrer Stellung im Reichsdienste zu er- 
kennen zu geben. Indem ich Ihnen zugleich meine besten Glückwünsche 
zu dem von Seiner Majestät dem Kaiser in Sie gesetzten Vertrauen, das 
Sie auf einen so wichtigen und verantwortungsvollen Posten beruft, aus- 
spreche, bietet mir Ihre erprobte Einsicht sichere Gewähr dafür, daß Sie, 
mein lieber Fürst, auch in dem neuen schwierigen Amte, für welches Sie 
ausersehen sind, hervorragend ersprießliche Dienste leisten werden. 
Mit dem Ausdrucke dieser Hoffnung verbinde ich gern die Versiche- 
rung der besonderen Wertschätzung, womit ich bin 
Ihr wohlgewogener König 
Ludwig. 
An die Prinzessin Elise. 
Straßburg, 4. September 1885. 
.. Ich glaube, wir unterscheiden uns in unsern Anschauungen darin, 
daß Du keine Religion anerkennst, die nicht auf das Wort der Schrift 
gegründet ist und daß ich mein religiöses Bewußtsein ohne diese Grund- 
lage zu bewahren suche. Wie soll ich es auch anders machen? Ihr 
Protestanten haltet Glauben und Ueberzeugung für eins, für identisch. 
Wir Katholiken betrachten das Dogma als etwas außer uns Stehendes, 
das wir nicht angreifen, von dessen Wahrheit wir aber nicht im innersten 
Herzen überzeugt sind. Ja, wenn ich den Glauben der Kreuzfahrer hätte 
und überzeugt wäre, daß in der Monstranz auf dem Altar Christus ist, 
so käme ich nicht mehr aus der Kirche heraus, sondern läge den ganzen 
Tag vor dem Allerheiligsten auf den Knien und würde Mönch der strengsten 
Observanz. Solche Gläubige gibt es aber heutzutage gar nicht mehr. 
Ebenso fehlt mir die Anbetung des „Wortes Gottes“. Wenn Du mir 
Stellen der Heiligen Schrift zitierst, so kann ich mich daran erfreuen. 
Aber bei alledem überkommt mich der unheimliche Gedanke, daß denn doch 
die Evangelien erst hebräisch gesprochen, dann griechisch niedergeschrieben, 
dann ins Lateinische oder Deutsche übersetzt worden sind und daß doch 
ursprünglich manches anders gelautet haben könnte. In meinem Innern, 
in einem gewissen dunkeln Gefühl glaube und hoffe ich. Daneben geht 
aber die Vernunft, und bald hat diese, bald hat jenes die Oberhand. Ich 
wäre bereit, mich bekehren zu lassen. Ich beneide diejenigen, die deinen
	        
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