Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

394 Straßburg (1885 bis 1894) 
Aus einem Briefe des Fürsten an einen Vertrauens- 
mann in Berlin. 
Oktober 1886. 
.. . Nun noch eine Frage. Ist es richtig, daß man in maßgebenden 
Kreisen daran denkt, die Jesuiten wieder nach Deutschland hereinzulassen? 
Ich würde das, abgesehen von allem andern, für Elsaß-Lothringen beklagen. 
Wenn der Orden Zutritt in Deutschland erlangt, so wird er sich vorzugs- 
weise im Reichslande niederlassen. Damit würde die Germanisierung von 
Elsaß-Lothringen wesentlich erschwert werden. Das von einem Jesuiten- 
pater in Innsbruck gebrauchte Wort, die deutsche Sprache sei die Sprache 
Luthers und des Teufels, würde hier auf fruchtbaren Boden fallen. Der 
Orden würde die Jugend, die Frauen und alle diejenigen auf seiner Seite 
haben, die dem Deutschtum feindlich gegenüberstehen. Ueber die Deutschen 
käme Mutlosigkeit, und alles Französische würde mit erneutem Eifer gepflegt 
und gefördert werden. Wenn, was nicht schwer wäre, durch das Zu- 
sammengehen des Zentrums und der Fortschrittler das Jesuitengesetz auf- 
gehoben würde, so bin ich überzeugt, daß ein großer Teil der National- 
liberalen in die Opposition träte, und damit würde der Rest der Mittel- 
parteien verschwinden. 
Journal. 
Baden, 5. Oktober 1886. 
Nachdem ich nach der Rückkehr von Aussee einen Tag in Straß- 
burg zugebracht hatte, fuhr ich gestern hierher, um mich bei den Moajestäten 
zu melden. Ich kam um 10 Uhr an, ging sofort in das Mesmersche 
Haus, fand Radziwill, Lehndorff u. a., die mir Nachricht zu geben ver- 
sprachen. Um 12 Uhr wurde ich zum Kaiser gerufen, der trotz des vor- 
hergehenden Unwohlseins wohl aussah. Er sprach zuerst von Metz und 
Straßburg, drückte nochmals seine Freude über den dortigen Empfang 
aus und kam dann auf die bulgarische Sache, die ihm Sorge macht. 
Ebenso ist er unzufrieden mit der Anwesenheit des Fürsten Alexander in 
Deutschland, der, wie der Kaiser mißfällig bemerkte, jetzt immer in preußi- 
scher Generalsuniform herumgehe. Das beweise schon, daß er Verlegen- 
heiten bereiten wolle. Es wäre besser, wenn er den Rat befolgt und die 
Einladung der Königin von England angenommen hätte und nach Eng- 
land gegangen wäre, um nicht wiederzukommen. Jetzt sprächen die 
Zeitungen sogar davon, daß er Statthalter von Elsaß-Lothringen werden 
solle! Das habe dem Kaiser der Reichskanzler berichtet. Der Kaiser 
äußerte sich auch mit einiger Bitterkeit über die Kronprinzeß und Prinzeß 
Viktoria, die den Gedanken einer Verbindung mit dem Prinzen Alexander 
noch immer festhielten. Er habe den Kronprinzen darüber gefragt, der
	        
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