Straßburg (1885 bis 1894) 395
leugne es, aber spreche sich nicht deutlich aus. Er stehe politisch unter
dem Pantoffel seiner Frau. Ueberhaupt klagte er, daß der Kronprinz ihm
gegenüber verschlossen sei. Seine liberalen Ideen hätten sich glücklicher-
weise modifiziert. Dann erzählte mir der Kaiser ausführlich den Unfall,
der dem Prinzen Heinrich von Preußen auf der Jagd zugestoßen sei, wo
er einen badischen Förster angeschossen habe. Hierauf sprachen wir über
den Prinzen Luitpold, dessen entgegenkommende Gesinnung er rühmte.
Derselbe habe in Versailles das Alternat der Kaiserwürde in Vor-
schlag gebracht. Bismarck habe damals geglaubt, daß dies aus eigner
Initiative des Prinzen geschehen sei. Es habe sich aber jetzt heraus-
gestellt, daß er damals im Auftrage des Königs Ludwig gehandelt habe.
Berchem habe ihm gesagt, daß er damals selbst das Schreiben des Königs
gelesen habe.
Ich übergab dann den Brief, in dem ich bitte, Philipp Ernst
à la suite der Armee zu stellen. Der Kaiser erkannte die Gründe an,
die ihn zu dem Wunsche bestimmen, und bemerkte zum Schluß, wenn er
einmal den Abschied habe, könne man schon ein Sternchen mehr auf seine
Epauletten setzen.
Um 12¼ Uhr ging ich zur Kaiserin, die mich in ihrem Kabinett, wie
sie sagte ausnahmsweise, empfing und sehr gnädige Worte über meine
Verwaltung von Elsaß-Lothringen sprach und Marie grüßen ließ. Von
ihr wurde ich noch einmal zum Kaiser berufen, wo ich noch eine Viertel-
stunde blieb.
Um 6½ Uhr Diner beim Großherzog. Der Erbgroßherzog und die
Erbgroßherzogin waren da. Letztere ist sehr hübsch und sehr freundlich.
Abends auf der Promenade und dann noch ein Besuch bei Karl Fürsten-
berg, der am Nachmittag angekommen war.
Wilmowski, den ich heute besuchte, sagt, was der Kaiser mir in bezug
auf Battenberg gesagt habe, beruhe auf Berichten des Reichskanzlers, der
sich hier Phantasmagorien hingebe. Es sei so schlimm nicht.
Rede bei dem Diner zu Ehren des Gemeinderats von Straß-
burg am 14. Oktober 1886.
Meine Herren! Ich habe Sie gebeten, heute meine Gäste zu sein,
weil mit dem heutigen Tage das erste Jahr meiner amtlichen Tätigkeit
als Statthalter in Elsaß-Lothringen abschließt, und ich glaubte, diesen Tag
nicht besser feiern zu können als umgeben von den ersten Würdenträgern
des Landes, in denen ich treue Mitarbeiter erblicke, und umgeben von den
Vertretern der Stadt Straßburg. Und wenn ich besonderen Wert darauf
lege, den Gemeinderat von Straßburg um mich versammelt zu sehen, so