406 Straßburg (1885 bis 1894)
Reiche die Mittel zur dauernden Erhaltung eines starkes Heeres zu ge-
währen. Während im Gegenteil die Wahl ruhiger, versöhnlicher Männer
zur Klärung der Lage, zur Beruhigung der Gemüter und damit zur
Sicherung des Friedens beitragen würde.
Es ist aber noch ein andrer Grund, der es mich im Irnteresse des
Landes wünschen läßt, daß das versöhnliche Element bei den bevorstehen-
den Wahlen die Oberhand gewinne. Meine Herren! In jeder Session
des Landesausschusses tritt das Verlangen hervor, es moöchte Elsaß-
Lothringen in staatsrechtlicher Beziehung den übrigen deutschen Staaten
gleichgestellt werden. Noch in der jüngsten Zeit hat dieser Wunsch im
Landesausschuß Ausdruck gefunden. Ich begreife diesen Wunsch, und ich
teile ihn. Ich glaube auch, daß die Zeit kommen wird, wo derselbe in
Erfüllung gehen kann; dann nämlich, wenn das Deutsche Reich — und
ich meine damit nicht nur die verbündeten Regierungen, sondern auch die
deutsche Nation — die Ueberzeugung gewinnen wird, daß Elsaß-Lothringen
den bestehenden Rechtszustand rückhaltlos anerkennt, und wenn der Protest
verschwindet.
In diesem Fall würde das Reich keinen Grund mehr haben, Elsaß=
Lothringen die Gleichberechtigung vorzuenthalten.
Die Mitwirkung des Landes ist dabei nötig, und die bevorstehenden
Wahlen werden Ihnen Gelegenheit geben, die Hindernisse, welche der Er-
reichung des gewünschten Zieles entgegenstehen, zu beseitigen.
Meine Herren! Ich habe Ihnen heute schon Gesagtes und Gehörtes
wiederholt. Ich glaubte aber, daß es in dieser ernsten Zeit Pflicht des
Statthalters ist, selbst mit seiner Meinung hervorzutreten. Ich gebe
Ihnen diese Meinung. Nehmen Sie dieselbe auf als den Rat eines treuen
Freundes!
Als treuer Freund dieses Landes trinke ich auf Elsaß-Lothringen und
seine Vertreter.
An den Fürsten Bismarck.
Straßburg, 11. Februar 1887.
Die Besprechungen, welche in der letzten Zeit zwischen dem Ministerium
für Elsaß-Lothringen und dem Generalkommando über einen Entwurf der
Allerhöchsten Verordnung, betreffend die Erklärung des Kriegszustandes
im Falle der Mobilmachung, stattgefunden haben und deren Resultat Eurer
Durchlaucht durch das preußische Ministerium zugehen wird, haben mich
zu der Frage geführt, welches in diesem Falle die Stellung des kaiserlichen
Statthalters sein würde. Nach § 4 des Gesetzes vom 4. Juni 1851 geht
mit der Erklärung des Belagerungszustands die vollziehende Gewalt an
den Militärbefehlshaber über. Die Behörden haben dessen Anordnung