410 Straßburg (1885 bis 1894)
Eurer Durchlaucht Einverständnis glaube ich sicher zu sein, wenn ich
es als auffällig bezeichne, daß es erst eines persönlichen Einschreitens des
Oberreichsanwalts bedurft hat, um diese Maßregeln zur Ausführung zu
bringen. Die Tatsache, daß viele Elsässer Staatsangehörige der Patrioten-
liga angehörten, war, wie ich aus einem Schreiben des Herrn Staats-
sekretärs von Hofmann an Herrn Tessendorf vom 3. d. M. ersehe, den
dortigen Behörden schon länger bekannt. Es ist mir unerfindlich, warum
nicht nach dem Bekanntwerden derselben auf Grund der Gesetze und
eventuell auf Grund des Diktaturparagraphen gegen die verdächtigen Per-
sonen polizeilich und strafrechtlich vorgegangen worden ist, da die Mit-
gliedschaft eines ausländischen Vereins, wie die Liga, zum gerichtlichen
Einschreiten oder doch zur Ausweisung genügenden Anhalt bot.
Eurer Durchlaucht darf ich daher zur hochgeneigten Erwägung stellen,
ob es nicht angezeigt sei, angesichts der Gefahren, welche im Kriegsfalle
der Mobilmachung und den Eisenbahnverbindungen durch inländische
Feinde erwachsen können, dem Herrn Staatssekretär und der reichs-
ländischen Staatsanwaltschaft wegen ihres passiven Verhaltens Vorhaltungen
zu machen.
von Bismarck.
Aus einem Briefe des Fürsten vom 22. Februar 1887.
.. Die Wahlen sind, wie erwartet wurde, schlecht ausgefallen, und es
wird hier unter den deutschen Beamten viel darüber gesprochen, was ge-
schehen müsse, um dem durch diesen französischen Gesinnungsausdruck be-
leidigten deutschen Nationalgefühle Satisfaktion zu verschaffen. So meint
einer, man solle den Landesausschuß aufheben, der andre, man solle den
Elsaß-Lothringern das Wahlrecht zum Reichstage nehmen. Der Reichs-
kanzler schrieb einmal diesen Winter bei Gelegenheit einer Vorlage über
das Wildschadengesetz, man müsse in Elsaß-Lothringen jede Willkür ver-
meiden. Ich glaube das auch und bin der Meinung, daß wir besser tun,
gerecht, aber unerbittlich streng vorzugehen, aber Staatsstreiche zu ver-
meiden ...
Journal.
Straßburg, 22. Februar 1887.
Gestern haben die Wahlen zum Reichstag stattgefunden. Ich erhielt
die Resultate während unsers Balls im Statthalterpalais. Man hatte
gehofft, daß wenigstens in Straßburg der Sieg auf deutscher Seite
bleiben würde, allein Petri wurde durch Kablé geschlagen. Auch von
außen kamen überall Nachrichten, daß die Protestkandidaten gesiegt hätten.